Schilf ist ein sogenanntes Süßgras und kommt in verschiedenen Arten weltweit vor. Als Baustoff wird es bereits seit der frühen Steinzeit eingesetzt. Aufgrund des Trends zu natürlichem, ökologischem Bauen findet Schilfrohr heute auch Wärmedämmstoff wieder wachsendes Interesse. Allerdings besitzt Schilf bisher keine generelle bauaufsichtliche Zulassung als Dämmstoff. Ob eine Schilfdämmung verwendet werden darf, wird bisher ausschließlich im Einzelfall entschieden.
Tabelle 1: Die Eigenschaften von Schilfdämmungen im Überblick
Wärmeleitfähigkeit | 0,04 – 0,055 W/mK |
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Baustoffklasse | Alt: B, Neu: D s1 d0 bis E (normal entflammbar) |
minimale Dämmdicke gemäß EnEV 2014 | 18 cm |
Rohdichte | 225 kg/m3 |
Preis pro m2 | 10 – 20 EUR |
Welche Teile des Schilfgrases werden zur Wärmedämmung verwendet?
Für Schilfrohrdämmungen kommen lediglich lange, dicke Schilfrohre zum Einsatz. Dünne Schilfrohre dienen beispielsweise zur Reetdachdeckung. Alle anderen Bestandteile der Pflanze können als Ausgangsstoff für Schilffaserplatten sowie Schilfgranulat verwendet werden.
Woraus resultiert die Dämmwirkung von Schilf?
Bei Schilfrohrdämmungen erfolgt die Wärmedämmung sowohl durch die Substanz des Schilfrohrs als auch durch den Lufteinschluss in den Halmen. Die Blätter von Rohrkolbenschilf bestehen zu 85 Prozent aus einem schwammigen Gewebe, das ebenfalls in der Lage ist, in hohem Maße Luft zu speichern und hierdurch seine Wärmedämmungsfähigkeit gewinnt. Außerdem resultieren hieraus die Diffusionsoffenheit sowie die guten Schall- und Hitzeschutzfähigkeiten dieses Dämmstoffs.
Wie kommen Schilfdämmungen in den Handel?
Schilfdämmungen werden in verschiedenen Varianten angeboten:
- Schilfrohrdämmungen: Für Schilfrohrdämmungen werden die Rohrhalme mechanisch gepresst und mit verzinkten Stahldrähten zu festen, jedoch elastischen Dämmplatten mit einer Stärke zwischen 2 und 10 cm verbunden.
- Schilffaserplatten: Schilffaserplatten werden aus Rohrkolben-Schilffasern sowie Bindefasern auf Maisstärke-Basis hergestellt. Die Fasern werden zu einem Vlies gestreut, durch die Einwirkung heiser Luft und bei der anschließenden Abkühlung verbinden sich die Fasern zu stabilen Platten, die sich jedoch eine Grundelastizität bewahren.
- Einblasdämmungen: Einblasdämmungen auf Schilfbasis bestehen aus aufgefaserten Schilfblättern oder Schilffaser-Granulaten.
Kosten und Hersteller von Schilfdämmungen
Mit einem m2-Preis zwischen 10 und 20 Euro ist Schilf ein kostengünstiger Wärmedämmstoff. Preislich liegen Schilfdämmungen damit auf demselben Niveau wie Mineralwollen oder EPS/Styropor, die auf dem deutschen Dämmstoffmarkt die größten Marktanteile halten.
Schilfdämmungen werden von verschiedenen Herstellern ökologischer Baustoffe auf den Markt gebracht. Zu den bekannteren Namen gehört hier das österreichische Unternehmen Naporo Klima Dämmstoff. Wärmedämmungsverbundsysteme (WDVS) auf Schilf-Lehm-Basis werden beispielsweise von der Baustofffirma Claytech hergestellt.
Über welche bauphysikalischen Eigenschaften verfügt Schilf als Dämmstoff?
Die Wärmeleitfähigkeit (? – Lambda) von Schilf liegt zwischen 0,04 und 0,055 W/mK (Watt pro Meter x Kelvin). Seine Wärmedämmungsleistung ist damit eher moderat und im Vergleich zu gängigen Dämmstoffen (Mineralwollen, Polystyrol) etwas geringer. Dagegen erbringen Schilfdämmungen einen sehr guten Schall- und Hitzeschutz.
Diffusionsoffenheit und Kapillaraktivität
Der Wasserdampfdiffusionswiderstand von Schilfdämmungen beträgt 1 bis 2 ? – sie sind damit hochgradig diffusionsoffen und kapillaraktiv. Schilf eignet sich daher hervorragend für Wärmedämmungen, bei denen es auf eine wirkungsvolle Feuchtigkeitsregulierung durch die Dämmschicht ankommt.
Dämmstoffe | Wärmeleitfähigkeit (W/mK) | Mindestdämmdicke laut EnEV (cm) | Kosten pro m2 (Euro) |
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Schilf | 0,040 – 0,055 | 18 | 10 – 20 EUR |
Hanf | 0,04 – 0,045 | 16 | 10 – 27 EUR |
Kork | 0,04 – 0,05 | 18 | 15 – 40 EUR |
Steinwolle | 0,035 – 0,045 | 14 | 10 – 20 EUR |
EPS/Styropor | 0,035 – 0,045 | 14 | 5 – 20 EUR |
Einsatzbereiche von Schilf zur Wärmedämmung
Schilfdämmungen sind vielseitig verwendbar, für Kern- oder Perimeterdämmungen sind sie jedoch nicht geeignet. Einsatzgebiete von Schilf zur Wärmedämmung sind:
- Fassadendämmung: In diesem Einsatzbereich findet Schilf sowohl für Außendämmungen als auch zur Innendämmung von Außenwänden Verwendung.
- Dachdämmung: Zur Dachdämmung wird Schilf als witterungsgeschützte Außendachdämmung sowie zur Zwischensparrendämmung eingesetzt.
- Decken- und Bodendämmung: Schilf eignet sich gut zur Wärme- und Trittschalldämmung von Böden oder Decken. Auch zur Dämmung der obersten Geschoßdecke kann dieser Dämmstoff gut verwendet werden.
- Hohlraumdämmungen.
- Wärme- und Schalldämmung in Innenräumen.
- WDVS (mit Ausnahme des Sockelbereiches)
- Trennwandsysteme und Unterputzgewebe.
Vorteile von Schilfdämmungen:
- Sehr guter Schall- und Hitzeschutz
- Diffusionsoffenheit und Kapillaraktivität
- Resistenz gegen Feuchtigkeit, Fäulnis oder Schimmel
- Eignung für WDVS
- Wirtschaftlichkeit
- Leichte Bearbeitung
- Schadstofffreiheit
- Recyclingfähigkeit und Kompostierbarkeit
Nachteile von Schilfdämmungen:
- Brennbarkeit
- Individuelle bauaufsichtliche Zulassung.