Kahle, unansehnliche Wände, fleckiger Fußboden und auch die Zimmerdecken sehen alles andere als einladend aus. So stellt sich der optische Zustand einer Wohnung meist dar, wenn das Dachgeschoss gerade ausgebaut wurde, oder eine schon lange leer stehende Altbauwohnung neu bezogen werden soll. Wohnlichkeit ist anders, aber bevor gleich mit neuen Tapeten, Designerfliesen, schicken Fußbodenbelägen oder Raufaser an den Decken für dekoratives Wohlfühlambiente gesorgt wird, wartet noch eine ganz besondere Pflichtübung auf die ambitionierten Freizeitmaler. Eine solide Vorbehandlung mit Tiefengrund (3,99 € bei Amazon*) muss her, da die zu bearbeitenden, rohen Oberflächen ansonsten nicht in der Lage sind, Farben oder Tapetenkleister aufzunehmen, weil schlicht und einfach die erforderliche Haftung fehlt.
Die Wandbeschaffenheit prüfen
Hilfreich ist, sich vor allen anderen Arbeiten zunächst einen Überblick über die Beschaffenheit der zu bearbeitenden Wände zu machen. Besonders bei unbekannten Altbauten stößt man in der Praxis oft auf recht abenteuerliche Materialien, die teilweise über viele Jahrzehnte an bzw. in den Wänden haften und Renovierungsarbeiten schwierig werden lassen. Trocken, glatt, sauber und tragfähig – das sind die Mindestanforderungen an eine Wandfläche und darüber hinaus soll sie auch noch saugfähig sein, an allen Stellen möglichst gleichmäßig.
Saugt sie oder saugt sie nicht?
Machen wir einfach den Wassertest, um diese Frage ganz schnell zu beantworten. Dazu wird auf der Wand mit einem größeren Pinsel einfach an mehreren Stellen großzügig Wasser aufgetragen. Wenn der Untergrund nur schwach oder überhaupt nicht saugfähig ist, wird das Wasser einfach abperlen und an der Oberfläche herunterlaufen. Sickert das Wasser dagegen unter gleichzeitiger Bildung dunkler Flecken rückstandslos ein, ist die Materialstruktur sehr porös. Tapeten würden in diesem Fall keine Haftung finden, wenn nun kein Tiefengrund zur Vorbehandlung der Wände eingesetzt wird.
Beschaffenheit der Wandoberfläche
Welcher Tiefengrund später zum Einsatz kommt, hängt sehr stark mit der Tragfähigkeit der Wand zusammen. Eine kräftige Druckprobe mit dem Daumennagel genügt da meist schon. Wenn sich dabei bereits Teile der Oberfläche herauskratzen lassen und der Staub zu Boden rieselt, fehlt es an Festigkeit im Material, einem wesentlichen Indiz, für die spätere Auswahl der optimalen Sorte beim Tiefengrund.
Besonders gefährlich: feuchte Wand & alter Schimmel
Leider ist diese Konstellation in Altbauten sehr oft bittere Realität. Feuchte Wandabschnitte treten häufig unterhalb von Fenstern, im Bereich der Scheuerleisten und hinter Verkleidungen auf. Deshalb sollte an diesen Stellen besonders aufmerksam hingeschaut werden, da an stark durchnässten Wandflächen auch der Tiefengrund seine Wirkung verfehlt. Während sich kleinflächige Abschnitte von Schimmelspuren mit handelsüblichen Entfernern relativ gründlich entfernen lassen, sollte bei größerem Befall ein Fachmann zurate gezogen werden.
Sauberkeit und Glätte prüfen
Vor einer Behandlung mit Tiefengrund muss die gesamte Wandfläche vollständig frei von alten Malerrückständen und Tapetenresten sein und auch vorhandene Risse und Löcher sollten gewissenhaft ausgebessert werden. Wer dabei zu zaghaft ist und nicht mit einem breitflächigen Spachtel arbeitet riskiert, dass sich Tapeten später lösen können oder raue, höckerige Flächen sehr unansehnliche Farbschattierungen an den Wänden – besonders bei abendlichem Kunstlicht – hervorrufen. Im Rahmen der oberflächlichen Reinigung bietet sich an, Steckdosen und Lichtschalter gleich mit Folie abzukleben und ihre Abdeckplatten gänzlich zu entfernen.
Tiefengrund – aber welcher ist geeignet?
Der Handel kennt viele verschiedene Bezeichnungen dafür und wer diesbezüglich noch keine praktischen Erfahrungen bei der richtigen Auswahl hat, sollte seine persönliche Wandanalyse mit einem Berater im Baumarkt besprechen. Generell lassen sich diese Grundierungen jedoch in zwei Kategorien einordnen, die sich folgendermaßen unterscheiden:
- Prinzip 1: Der Tiefengrund bewirkt, dass eine von ihrer Beschaffenheit her (zu) glatte Oberfläche haftfähiger gemacht werden soll, da sie ansonsten nicht saugfähig genug wäre für die spätere Aufnahme von Farben oder Tapeten.
- Prinzip 2: Die Wandoberfläche ist von der Struktur her überwiegend porös und lässt Flüssigkeiten sehr einfach durchdringen. Der Tiefengrund wirkt hier als künstliche Bremse, indem er das Oberflächenmaterial in etwa drei bis fünf Millimetern Tiefe versiegelt.
Übliche Arten beim Tiefengrund
Die Charakteristik der verschiedenen Sorten Tiefengrund ist leider nicht markenübergreifend, sodass bei der richtigen Auswahl im Handel, genauestens auf die Herstellerhinweise auf der Verpackung geachtet werden sollte. Bei der groben Orientierung hilft folgende Klassifizierung:
- Lösungsmittelfreier Tiefengrund (farblos oder eingefärbt)
- Lösungsmittelhaltiger Tiefengrund (Einsatz hauptsächlich an Außenmauerwerken)
Farbloser Tiefengrund
Der Einsatz bietet sich überall dort an, wo die zu bearbeitenden Wände keine größeren Farbunterschiede aufweisen und an jeder Stelle die gleiche Oberflächenstruktur haben. Die Saugfähigkeit sandender und poröser Flächen wird durch das Auftragen von Tiefengrund verbessert, sodass später aufgebrachte Farben bzw. Tapetenkleister nur begrenzt weit in das Material eindringen. Farblose Grundierungen eignen sich besonders für neu ausgebaute Dachgeschosse.
Pigmentierter Tiefengrund
Die weiße Einfärbung gleicht Farbunterschiede auf alten Grundierungen weitestgehend aus, was ein späteres Vorstreichen in der Regel überflüssig macht. Pigmentierter Tiefengrund lässt sich besonders in dunkleren Räumen einfacher verarbeiten, da die bereits behandelten Stellen besser sichtbar sind. Ein besonderer Vorteil, wenn größere Räume oder Wände nicht hintereinander in einem Zug, sondern über mehrere Tage versetzt, gestrichen werden. Auch für Wände aus Gipsbeton ist farbiger Tiefengrund am besten geeignet, da er später die charakteristischen Übergänge zwischen den Platten, die meist verspachtelt werden, vollständig verdecken kann.
Bearbeitung der Wand mit Tiefengrund
Das fachgerechte Grundieren von Wänden stellt keine großen Ansprüche, was die Ausführung anbelangt und braucht auch nur wenig an Werkzeug. Ausreichend sind:
- Tiefengrund in ausreichender Menge
- Quast oder Farbroller, Pinsel
- Folie und Klebeband
- Trittleiter
- Reinigungsmaterial (Tücher, Schwamm, Wischwasser)
- Farbeimer und Rührholz
Tiefengrund auftragen
Auch bei Verwendung von lösungsmittelfreiem Tiefengrund muss für eine gute Durchlüftung im Arbeitsbereich gesorgt werden, da von den behandelten Wänden, je nach Untergrund, nicht immer angenehme Gerüche ausgehen. Von seiner Konsistenz her ist Tiefengrund in der Regel dünnflüssig, dennoch muss er vor der Verarbeitung kräftig durchgerührt werden. Einige Marken bieten ihre Grundierungen als Konzentrat an und müssen daher vor Gebrauch im vorgeschriebenen Verhältnis verdünnt werden. Gerade am Anfang kommt es meistens zu einer vermehrten Tropfenbildung an der Wand, besonders auf sehr festem und glattem Untergrund. Herunterlaufende Nasen sind in diesem Fall möglichst sofort zu beseitigen, da solche Stellen auch nach einer später folgenden Farbgebung noch durchschimmern können – selbst dann, wenn hinterher Tapete geklebt wird.
Pinsel oder Rolle?
Oder doch lieber einen Quast? Denn der gilt, zumindest bei den Profis der Malerzunft, als Standardwerkzeug für das Streichen mit Tiefengrund. Die Borsten sollten dafür allerdings nicht zu hart sein und möglichst aus synthetischem Material bestehen, da Nylon oder Polyester bei sehr dünnflüssigen Anstrichen – im Gegensatz zu den Naturborsten – nicht aufquillt. Damit werden auch die schwer zugänglichen Zimmerecken oder die Flächen unterhalb der Fensterbänke besser erreicht. Notfalls lassen sich diese Stellen jedoch auch mit einem etwas dickeren Rundpinsel bearbeiten. Wer lieber mit einer Rolle arbeitet, wird rasch bemerken, dass es recht intensiv spritzt, da der Tiefengrund nur auf der Oberfläche verteilt und nicht so, wie beim Arbeiten mit einem Quast, eingerieben wird und die Flüssigkeit somit tiefer in das Mauerwerk eindringen kann.
Tiefengrund und sein Grenzen
Wenn später Wände mit stark saugendem Untergrund tapeziert werden sollen, kann sich der Einsatz von Tiefengrund eventuell auch negativ auswirken. Er sperrt die Wände nahezu hermetisch ab, sodass es mit der Haftung von Tapeten auf dem geleimten Untergrund problematisch werden kann. Hier wäre zu prüfen, ob eine Vorbehandlung mit verdünntem Tapetenkleister eventuell sinnvoller ist. Darüber hinaus soll das Auftragen von lösungsmittelfreiem wie lösungsmittelhaltigem Tiefengrund lediglich dünn und nur einmalig erfolgen. Ansonsten wird, besonders bei Gips-, Kalk- oder Lehmputz, die überschüssige Menge an Luftfeuchtigkeit in der Wand gespeichert und nicht, wie gewünscht, an die Raumluft zum natürlichen Austausch abgegeben.
Was sonst noch wichtig ist
- Materialverbrauch: zwischen 100 und 200 ml Tiefengrund pro qm entsprechend der Beschaffenheit des Untergrunds;
- Verdünnung: unter Beachtung der Herstellerangaben bis zu einem maximalen Verhältnis von 1:4;
- Trockenzeit: bei 20°C und einer Luftfeuchtigkeit von 55 bis 65 Prozent ab 12 Stunden überstreichbar;
- Verarbeitungstemperatur: Minimum sind 5°C am Objekt und an dessen Umgebung;
- Handelsübliche Verpackungsgrößen: Gebinde zu je 1, 5 und 10 Liter;
- Lagerung von Tiefengrund: kühl aber frostfrei und stets trocken.
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