Wie alles begann
Faserzement wurde von dem österreichischen Erfinder Ludwig Hatschek im Jahre 1903 entwickelt. Zu dieser Zeit waren noch viele Gebäude aus Holz. Brände konnten sich leicht ausbreiten und von einem Haus auf das andere überspringen. Es wurde daher dringend ein feuerfester, stabiler und langlebiger Baustoff benötigt. Hatschek mischte 90 % Zement mit 10 % Asbest und Wasser. Das Gemisch ließ er durch eine Papiermaschine laufen und anschließend trocknen. Nach einigen Probeläufen und Tests war er von seinem Produkt überzeugt.
Hatschek ließ den Herstellungsprozess patentieren und das Warenzeichen „Eternit“ registrieren. Der bekannte Name dient heute noch als Synonym für dieses spezielle Produkt. Das Wort leitet sich von „Eternity“ ab, welches „Ewigkeit“ bedeutet. Langlebig, preiswert und leicht zu verarbeiten, sind Faserzementplatten buchstäblich für die Ewigkeit gemacht.
Die Häuser wurden innen und außen mit Faserzementplatten verkleidet, die Brandgefahr war gebannt. Der Werkstoff wurde so beliebt, dass ganze Häuser und Wohnblocks nicht mehr mit den bisher gängigen Materialien errichtet wurden, sondern komplett aus Faserzement bestanden. Zwischen 1960 und 1980 war Faserzement das bevorzugte Baumaterial für fast alle Wohnobjekte.
Dann klagten immer mehr Bauarbeiter und Bewohner über Luftnot und andere gesundheitliche Beschwerden. Erst konnte sich niemand erklären, woran es lag. Alle verwendeten Baumaterialien, auch der Faserzement, wurden daraufhin genauer untersucht und verschiedenen Prüfungen unterzogen. Schließlich stellte sich heraus, Asbest war der Verursacher.
Wird immer noch Asbest verarbeitet
Früher wurden Asbestfasern verwendet, die sich aber bei Herstellung und Verarbeitung in den Atemwegen, Bronchien und der Lunge festgesetzt und zu ernsten gesunheitlichen Schäden geführt haben. Daher ist die Herstellung von Asbestprodukten seit 1993 in Deutschland verboten. Auch viele andere Länder haben inzwischen die Gefährlichkeit von Asbest erkannt und durch andere Fasern ersetzt.
Tipps zur eigenen Sicherheit
Achten Sie beim Erwerb von Faserzementplatten vorsichtshalber auf die Inhaltsstoffe und das Herkunftsland. Wenn die Informationen nicht ausreichen, lassen Sie sich das technische Datenblatt zeigen. Sind Sie sich immer noch nicht sicher, kaufen Sie im Zweifelsfall besser das höherpreisige Produkt eines anderen Herstellers. Wie in vielen anderen Bereichen, hängen auch hier Qualität und Preis stark voneinander ab.
Finger weg von gebrauchten Platten! Diese werden immer mal wieder günstig angeboten, aber dafür enthalten sie in der Regel auch Asbest. Es möchte sich nur jemand die Kosten für die Entsorgung sparen und obendrein noch Geld verdienen.
Leider ist immer noch in vielen Häusern und Wohnungen Asbest verbaut. Wenn also bei Renovierungen noch Asbest entdeckt werden sollte, muss auch ein ambitionierter Heimwerker aufgeben. Es sind so viele Sicherheitsaspekte zu beachten, die selbst ein technisch versierter Heimwerker gar nicht kennen kann. Eine autorisierte Fachfirma ist mit der Demontage und Entsorgung zu beauftragen.
Herstellung von Faserzementplatten
Es gibt zwei Methoden, aber die Produktion an sich ist ein relativ einfacher Vorgang.
1. Methode
Flüssiger Zement und flexible Fasern werden mit Farbpigmenten gemischt und in Formen gegossen. Der gestalterischen Vielfalt und Farbgebung sind nahezu keine Grenzen gesetzt. Selbst Texturen sind möglich, die Gießform wird entsprechend ausgekleidet und so entsteht z. B. eine täuschend echte Holzmaserung in Haptik und Farbe. Die Aushärtung dauert rund 30 Tage, je nach Materialstärke und Formgebung. Danach ist die Faserzementplatte sofort bereit zur weiteren Verwendung, kann aber auch lackiert oder beschichtet werden.
2. Methode
Alle benötigten Rohstoffe werden vorher gemischt und dann in die nach ihrem Erfinder benannte „Hatschek-Maschine“ gefüllt. Durch rotierende Siebzylinder läuft die Masse auf ein Förderband und wird auf einer Formatwalze aufgewickelt. Wenn die gewünschte Dicke, Länge und Breite erreicht ist, wird entsprechend abgeschnitten. Die so entstandene Platte ist noch feucht und weich. Zusammen mit anderen Platten wird sie gepresst, gestapelt und so lange getrocknet, bis der Zement abgebunden hat. Nach ungefähr drei Wochen ist die Faserzementplatte durchgetrocknet und hat eine hellgraue Farbe. Falls erforderlich, kann jetzt die Oberfläche mit diversen Beschichtungen veredelt werden.
Vorteile von Faserzementplatten
- Große Auswahl
- Universelle Verwendbarkeit
- Langlebig
- Für Feuchträume geeignet
- Einfache Verarbeitung
- Nachträgliche Beschichtung möglich
- Präzise Maßhaltigkeit
- Atmungsaktiv
- Klimaregulierend
- Resistent gegen Schimmel
- Mühelose Reinigung
- Problemlos zu entsorgen
Welche Platte für welchen Zweck?
Trotz der vielfältigen Anwendungsgebiete haben sich dennoch bestimmte Varianten von Faserzementplatten durchgesetzt.
- Dachplatten
- Fassadenplatten
- Balkonplatten
- Wellplatten
- Innenraumplatten
- Trennwände
- Feuerschutzverkleidungen
1. Dachplatten
Werden sowohl für die Dacheindeckung als auch für den Fassadenbau verwendet. Sie sind eine preiswerte Alternative zu anderen Materialien, außerdem noch wesentlich schneller und einfacher zu verarbeiten. Kälte, Hitze, Regen, Schneelast oder Stürme machen Dachplatten aus Faserzement nichts aus.
Die Platten sind sowohl gelocht, als auch ungelocht erhältlich. Wenn Sie gelochte Platten kaufen, vergessen Sie zur Befestigung die passenden Nägel nicht. Farbgebung und eine glatte oder strukturierte Ausführung bleiben dem persönlichen Geschmack überlassen.
Nahtlose Übergänge von Dach zu Fassade sind gewährleistet. Auch Vordächer, Giebel, Gauben und Kamine fügen sich harmonisch ein und bieten ein optisch ansprechendes Erscheinungsbild. Für Neubauten oder sanierungsbedürftige Häuser gleichermaßen gut geeignet.
Je nach Dachneigung ist vor dem Kauf der Bedarf pro Quadratmeter zu ermitteln. Großformatige Platten werden immer beliebter, weil der Arbeitsaufwand geringer ist.
Gängige Maße:
- 60 x 30 cm
- 30 x 30 cm
- 20 x 20 cm
Beispiel:
Sie haben sich für Faserzementplatten in der Größe 30 x 30 cm entschieden. Bei einer Dachneigung von 25 Grad benötigen sie ungefähr 25 Platten. Bei 35 Grad Neigung ca. 22 Stück. Bei 55 Grad rund 20 Einheiten.
Hinweis:
Selbstverständlich sind auch wesentlich größere Dach- und Fassadenplatten erhältlich. Hier werden Formate bis zu 305 x 122 cm angeboten. Das ist aber auch schon die äußerste Grenze dessen, was sich ein Heimwerker zutrauen sollte. Noch größere Faserzementplatten bleiben den Bauhandwerkern überlassen. Geschoßhohe Platten können ohne Kräne, dem entsprechenden Equipment und Fachwissen gar nicht montiert werden.
2. Fassadenplatten
Ebenso wie die Dacheindeckung schützen Fassadenplatten das Haus vor Witterungseinflüssen. Wäre das Haus unverkleidet, könnten Regen und Schnee leicht in das Innere des Gebäudes eindringen. Schäden durch Feuchtigkeit sind besonders schwer zu beseitigen, gerade in der kalten Jahreszeit. Auch die Konstruktion des ganzen Hauses kann schwer in Mitleidenschaft gezogen werden.
Faserzementplatten eignen sich besonders gut für vorgehängte, hinterlüftete Fassaden. Ein Dämmsystem lässt sich leicht integrieren. Ein weiterer Vorteil ist, Fassadenplatten aus Faserzement benötigen keinerlei Pflege und lassen sich leicht reinigen. Regelmäßige Anstriche mit Fassadenfarbe sind nicht notwendig.
Die Fassade eines Hauses ist das erste, was der Betrachter sieht. Sozusagen die Visitenkarte des ganzen Gebäudes. Faserzementplatten sind in vielen verschiedenen Farben erhältlich. So können diese passend zur Farbgestaltung des Hauses gewählt werden. Kontraste sind natürlich auch möglich und dienen der optischen Auflockerung.
Die gängigen Maße entsprechen denen der Dachplatten.
3. Balkonplatten
Sind in der Regel beidseitig gleich gefärbt. Natürlich lassen sich durch unterschiedliche Farben Aktzente setzen. Balkonplatten aus Faserzement dienen vorwiegend als Sicht- und Windschutz. Sie lassen sich problemlos für bereits vorgefertigte Balkonkonstruktionen und Geländersysteme aus Holz, Stahl, oder Aluminium verwenden. Die Materialstärke beträgt in der Regel 0,8 bis 1,2 cm.
Gängige Formate:
- 305 x 120 cm
- 245 x 120 cm
4. Wellplatten
Die klassische Wellenform ist schon seit rund 100 Jahren beliebt und bewährt. Früher wurden Wellplatten eher für Gartenhäuser, Terrassenabdeckungen oder Carports benutzt. Die Architektur hat sich aber inzwischen weiterentwickelt und immer mehr moderne Häuser sind mit diesen Faserzementplatten eingedeckt. Nicht nur die Ästhetik, sondern das leichte Gewicht, die Robustheit und jahrzehntelange Witterungsbeständigkeit überzeugen den Verwender.
Inzwischen sind Wellplatten meist doppelseitig beschichtet, dies sorgt für eine perfekte Schall- und Wärmedämmung. Faserzement ist ohnehin atmungsaktiv und diffusionsoffen. Auf die klimatischen Verhältnisse im Innenraum wirkt sich diese Technologie natürlich sehr positiv aus.
Gängige Maße:
- 109,7 x 62,5 cm
- 109,7 x 83,0 cm
- 92,0 x 62,5 cm
- 92,0 x 83,0 cm
5. Innenraumplatten
Eine Faserzementplatte ersetzt mühelos alle anderen gängigen Wandverkleidungen. In allen denkbaren Farben erhältlich, glatt oder strukturiert, gibt sie jedem Raum das gewisse Etwas, edel und dezent.
Ein wohnliches Ambiente schaffen ohne großen Aufwand – davon träumt jeder Bauherr oder Heimwerker. Nie wieder Wände tapezieren oder streichen, alle bereits genannten Vorteile gelten selbstverständlich auch für die Innenraumplatten aus Faserzement.
Raumhohe Wandgestaltung mit wenigen Handgriffen. Die Platten haben meist eine Größe von 305 x 122 cm und lassen sich leicht auf das gewünschte Maß zuschneiden.
6. Trennwände
Es gibt viele Gründe, warum eine bisherige Raumaufteilung nicht mehr den Anforderungen genügt. Ob sich Nachwuchs eingestellt hat oder ein Gästezimmer benötigt wird, ein neues Hobby Platz braucht oder ein Arbeitszimmer ist auf einmal notwendig. Also Ziegelsteine kaufen, Mörtel anrühren und selber mauern oder doch lieber einen Handwerker beauftragen?
Bevor nun Haus oder Wohnung völlig im Chaos versinken, gibt es doch die einfache Lösung. Trennwände aus Faserzementplatten lassen sich leicht selber montieren. Trockenbau ist nicht schwer, auf dem Grundgerüst aus Holz oder Aluminium werden die Platten aufgeschraubt, fertig. Sind die Platten exakt zugeschnitten und verschraubt worden, kann sich das Ergebnis sehen lassen. Spachteln, grundieren, tapezieren und streichen entfällt. Die Faserzementplatte, ob glatt oder strukturiert, wirkt für sich.
7. Feuerschutzverkleidungen
Brandschutz ist eines der wichtigsten Themen überhaupt und führte, wie eingangs erwähnt, zur Entwicklung von Faserzement. Erinnerungen an den verheerenden Brand in einem Londoner Hochhaus werden wach. Entflammbare Baustoffe in einer Fassadenkonstruktion sind hier in Deutschland nicht erlaubt. Faserzementplatten hätten eine solche Katastrophe wirkungsvoll verhindert. Wieder punktet der Faserzement mit seinen unschlagbaren Vorteilen, denn er ist nicht brennbar und schmilzt nicht. Voraussetzung für einen perfekten Schutz vor Feuer ist eine vorgehängte, hinterlüftete Fassade.
Grundvoraussetzungen:
Die Dämmung darf nicht brennbar sein, der Schmelzpunkt muss über 1000 Grad Celsius liegen. Der Hinterlüftungsspalt darf nicht tiefer als fünf Zentimeter sein.
Aufbau einer vorgehängten, hinterlüfteten Fassade:
1. Verankerungsgrund (Mauerwerk)
2. Dämmung
3. Hinterlüftungsspalt
4. Faserzementplatte
Durch diesen Aufbau werden die Bewohner eines Hauses nicht nur vor Feuer geschützt. Wärmedämmung senkt die Heizkosten und das Raumklima wird durch die Hinterlüftung verbessert. Sind die Innenräume ebenfalls mit Faserzementplatten verkleidet, muss sich niemand mehr Sorgen machen.
FAQ: Häufig gestellte Fragen
Darf ich Faserzementplatten einfach an meinem Haus anbringen?
Nein, eine behördliche Genehmigung muss vorliegen. Neben festzustellenden Sicherheitsaspekten ist auch entscheidend, ob schon andere Häuser Dacheindeckungen oder Fassaden aus Faserzement besitzen. Angenommen, alle anderen Häuser in der Nachbarschaft sind verklinkert, so würde vermutlich eine Fassadenverkleidung aus Faserzement nicht genehmigt werden. Das einheitliche Aussehen der Siedlung wäre gestört. Im Vorfeld ist also abzuklären, ob andere Nachbarn ihr Haus ebenfalls mit Faserzementplatten verkleiden wollen. So würde die Einheitlichkeit wieder hergestellt.
Faserzementplatten sind so leicht und dünn, ist das überhaupt sicher?
Natürlich, denn eine hohe Zug- und Biegefestigkeit zeichnet dieses Material aus. Es ist sehr stabil und durchtrittsicher. Wenn jemand z. B. sein Dach neu decken möchte, muss er keine Angst davor haben, einzubrechen. Bei normalen Dachziegeln kann dies durchaus vorkommen, insbesondere wenn sie schon lange auf dem Dach liegen. Faserzementplatten sind absolut witterungsbeständig und feuchteresistent, auch noch nach Jahrzehnten.
Schaden Faserzementplatten der Umwelt?
Nein, denn Nachhaltigkeit und Umweltschutz spielen heutzutage eine größere Rolle denn je. Faserzement ist umweltneutral und gerade durch seine lange Haltbarkeit muss er nicht ständig ersetzt werden. Die werksseitigen Beschichtungen, je nach Einsatzzweck, bestehen aus wasserbasierten Grundstoffen. Lösemittelhaltige Farben und Lacke werden aus Umweltschutzgründen nicht verwendet. Das Recycling ist problemlos und sortenrein durchführbar, da Faserzementplatten überwiegend aus natürlichen Rohstoffen hergestellt werden. Diese lassen sich annähernd beliebig oft wiederverwenden.
Wie bearbeite ich Faserzementplatten?
Zunächst einmal sind die üblichen Sicherheitsvorschriften einzuhalten. Schutzbrille, Atemmaske, Gehörschutz, Handschuhe und Sicherheitsschuhe sollten bei handwerklichen Arbeiten ohnehin getragen werden und eine Selbstverständlichkeit sein.
Wenn Löcher gebohrt werden sollen, ist ein normaler Steinbohrer zu bevorzugen. Keinen HSS-Bohrer verwenden und ohne Schlag bohren! Bei der geringen Materialstärke einer Faserzementplatte ist eine Schlagbohrmaschine nicht notwendig. Ein Akku-Schrauber ist sogar besser geeignet, weil er nicht so hochtourig läuft.
Meistens muss eine Faserzementplatte zugeschnitten werden. Im Baumarkt wird das niemand für Sie erledigen, die Sägeblätter in der Holzabteilung sind dafür nicht ausgelegt und würden sofort kapitulieren. Wenn Sie über eine Hand- oder Tischkreissäge verfügen, sind Ihre Probleme schon fast gelöst. Auf das richtige Sägeblatt und die Schnittgeschwindigkeit kommt es an. Ein Diamant-Kreissägeblatt für abrasives Material schneidet auch zementgebundene Werkstoffe wie Butter. Führungsschiene bei einer Handkreissäge benutzen und eine moderate Schnittgeschwindigkeit einhalten. Erfolg ist garantiert!
Fazit
Viele Projekte lassen sich schnell und einfach mit Faserzementplatten realisieren. Kaum ein anderer Werkstoff bietet so viele Vorteile und Möglichkeiten. Egal ob im Innen- oder Außenbereich, Faserzement macht alle Wohnträume wahr.