Fugen haben eine wichtige Aufgabe
Das Fliesenverlegen ohne Fugen funktioniert in seiner Technik genauso, wie das Verlegen von Fliesen mit einer Fuge. Am wichtigsten dabei ist, die Fliesen wirklich auf Stoß zu verlegen. Allerdings darf und sollte nicht jede Wand oder jeder Boden ohne Fugen gefliest werden. Nicht nur um die geflieste Fliese herum zur Wand besteht eine Dehnungsfuge. Auch die Fugen zwischen den Fliesen sind Dehnungsfugen, denn die Fliesen dehnen sich und ziehen sich je nach Kälte- und Wärmeeinfluss zusammen. Fliesenböden oder Wände neigen daher dazu, dass schnell einzelne Fliesen zerspringen. Das ist auch einer der Gründe, weshalb Fugenspachtel mit den Jahren regelrecht zerbröselt.
Auch neue Heizgewohnheiten und Bautechniken sprechen gegen das fugenlose Fliesen
Deshalb können Fliesen in südlichen Ländern ohne Dehnungsfuge verlegt werden. Dort sind die Temperaturen relativ gleichbleibend und insbesondere Fußbodenheizungen so gut wie gar nicht vorhanden. Denn genau das bringt uns zu einem Argument, wonach es auch in unserem kühlen Deutschland Fliesenbeläge ohne Fugen gibt. Insbesondere in Altbauten ist das oft anzutreffen. Dabei müssen aber die Baustoffe berücksichtigt werden.
Böden waren früher deutlich kälter
Früher gab es noch keine modernen Fliesenkleber. Stattdessen wurde herkömmlicher Kalkmörtel verwendet. Trotz eines kurzfristig stärkeren Klebeverbunds handelt es sich bei Kalkmörtel um einen begrenzt elastischen „Fliesenkleber“. Allerdings lässt die Klebekraft im Lauf der Jahre deutlich nach. Viele lose Fliesen sind daher bei einem Kalkmörtelfliesenbett völlig normal. Insbesondere durch Wärme wird das Lösen von Mörtel und Fliese deutlich begünstigt. Nun waren früher Räume wesentlich schlechter geheizt und Böden auch durch eine mangelnde Dämmung deutlich kälter. Das begünstigte eine relative Haltbarkeit, steht aber in völligen Gegensatz zu unserem heutigen Heizverhalten.
Auf modernen, entkoppelten Böden können Sie bedingt fugenlos Fliesen verlegen
Nun können aber auf bestimmten Böden Fliesen dennoch fugenlos oder beinahe fugenlos verklebt werden. Moderne Böden sind bereits vom Unterboden entkoppelt, beispielsweise durch eine Dampfbremse. Außerdem weisen moderne Estrichböden eine gewisse Elastizität auf. Je kleiner die Bodenfläche, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass vereinzelte Fliesen nicht springen. Bei Fußbodenheizungen müssen die maximalen Flächen nochmals reduziert werden. Außerdem sollten möglichst kalibrierte (geschnittene) Fliesen oder Bodenplatten verwendet werden, denn noch ein weiterer Faktor trägt dazu bei, Fliesen mit Fugen zu verlegen.
Ausschließlich gebrannte Fliesen sind nie einheitlich in ihren Abmessungen und Formen
Fliesen werden gebrannt. Selbst innerhalb einer Herstellungs-Charge muss der Brennofen nicht zwingend dieselbe Temperatur aufweisen. Das, und noch andere Umstände tragen dazu bei, dass Fugengrund und obere Fugenbreite von Fliese zu Fliese voneinander abweichen. Also ist ein weiterer Grund für das Anlegen von Fugen, diese Ungenauigkeiten auszugleichen. Kalibrierte Fliesen hingegen weisen exakt dieselben Maße auf. Noch einen Unterschied gibt es bei Natursteinfliesen und Platten.
Kalibrierte Keramik- und Natursteinfliesen und Platten
Auch die werden kalibriert, also aus einem Block herausgeschnitten. Anschließend werden diese Natursteine nicht mehr wärmebehandelt etc. Damit kommen die natürlichen Eigenschaften dieser Natursteine zum Tragen. Das bedeutet bei vielen Natursteinplatten und Fliesen eine deutlich geringere Ausdehnung. Dennoch benötigen auch verlegte Natursteine eine Dehnungsfuge, solange sie nicht lose verlegt werden. Dafür sind diese Fugen mit 1 bis 3 mm deutlich geringer. Auf die Dehnungsfuge entlang den Wänden dürfen Sie keinesfalls verzichten, den Fliesen- oder Plattenböden werden immer schwimmend verklebt.
Wollen Sie Fliesen fugenlos verkleben, sollten Sie vorzugsweise exakt kalibrierte (geschnittene) Fliesen verwenden. Die meisten durch Brennen hergestellten Fliesen werden jedoch nicht kalibriert.
Die Fugenbreiten richten sich nach der Fliesenfläche und der Größe der Fliesen. Bei den meisten Fliesen sollten sie am Fugengrund bis zu 8 mm betragen.
Beim fugenlosen Verlegen von Fliesen verliert der Bauherr zumeist die Gewährleitungsansprüche und kann gesprungene Fliesen nicht reklamieren. Das gilt auch bei zu geringen Fugenmaßen.