Acrylglas – ein Thermoplast und damit formbar
Die technische Bezeichnung von Acrylglas lautet „Polymethylmethacrylat“, kurz auch PMMA oder umgangssprachlich Plexiglas. Damit gehört es zur Gruppe der Plastomere, auch bekannt als Thermoplaste. Das sind technische Kunststoffe, die Sie unter dem Einfluss von Wärme umformen können. Dieser Prozess ist dabei nicht einmalig, sondern beliebig oft reproduzierbar. Natürlich immer vorausgesetzt, dass Sie den richtigen Temperaturbereich nutzen.
Das Biegen, Formen und Umformen kann dabei unterschiedlich durchgeführt werden:
- frei mit der Hand biegen
- mithilfe einer Negativform (Matrize) in eine bestimmte Form biegen
- mithilfe eines Stempels
Techniken zum Erhitzen von Acrylglas
Demnach stehen auch unterschiedliche Optionen zur Auswahl, wie Sie das Acrylglas erhitzen können. Für den Heimwerker fällt die Auswahl allerdings schon aufgrund der Anschaffungskosten solcher Geräte deutlich geringer aus:
- punktuelles Erhitzen mit einem Heißluftfön
- partielles Erhitzen mit einem Wärmestrahler
- Erhitzen des gesamten Werkstücks in einem speziellen Kunststoff-Ofen
Das punktuelle Erhitzen zum Formen von Acrylglas ist mit die schwerste Umformtechnik. Das liegt vor allem daran, dass der richtige Temperaturbereich von 150 bis 170 Grad Celsius nur sehr schwer so genau zu treffen ist – insbesondere, wenn Sie über keine oder kaum Erfahrungen damit verfügen. Daher ist es grundsätzlich angeraten, immer erst an einem Testwerkstück zu üben. Ist die erhitzte Stelle nicht heiß genug, reißt das Acryl, ist es zu heiß, verbrennt es und wird porös.
Um so besser arbeiten zu können, sollte für das Heißluftgebläse eine spezielle Düse vorhanden sein, die die Hitze noch einmal auf einen kleineren Punkt konzentriert. Düsen, die Sie auch zum Schweißen und Kleben von Acrylglas verwenden, sind gut geeignet. Keinesfalls sollten Sie jedoch die Schwierigkeiten, den exakten Hitzebereich zu ermitteln, unterschätzen.
Partielles Erhitzen
Das partielle Erhitzen, also eines größeren Teilbereichs des Acrylglases, ist deutlich einfacher, besitzt aber immer noch seine Tücken. Zumindest können Sie sicherstellen, dass der gesamte Bereich gleichmäßig erhitzt wird. Sie können das Acrylglas dann mithilfe einer Negativform, beispielsweise einer Metallleiste oder einem Topf, schnell und einfach formen.
Komplettes Erhitzen
Allerdings sollte auch die Form, an der Sie das PMMA biegen möchten entsprechend warm sein, damit hier das Acryl nicht zu schnell abkühlt. Hier eignet sich ein Kunststoffofen am ehesten. Notfalls kann auch ein gewöhnlicher Backofen (Umluft, um das Material wirklich gleichmäßig zu erhitzen) verwendet werden. Sie können die Negativform dann gleich mit erhitzen.
Besonderheiten nach dem thermischen Formen von Acrylglas
Nach dem Formen lassen Sie das Acrylglas langsam auf 80 Grad abkühlen. Auf dieser Temperatur müssen Sie es dann über einen Zeitraum von ein bis zwei Stunden halten. Zum Abkühlen sollten Sie nochmals denselben Zeitraum einplanen, da auch das anschließende, sehr langsame Abkühlen zur Vermeidung von Spannungsrissen unbedingt zu beachten ist. Dieser Arbeitsprozess wird als Tempern bezeichnet und ist zur Vermeidung von Spannungsrissen absolut unvermeidlich.
Materialbedingte Besonderheiten bei Acrylglas
PMMA kann sich schon durch den letzten Arbeitsschritt beim Herstellen unterscheiden. So erfolgt die Herstellung von Acrylglas entweder durch Gießen oder Walzen (Extrudieren). Der Markenhersteller Evonik Röhm GmbH (Plexiglas) kennzeichnet das Acrylglas daher entweder mit „XT“ für extrudiertes bzw. „GS“ gegossenes PMMA. Immer wieder wird es Ihnen passieren, dass gewalztes Acrylglas als minderwertig gegenüber gegossenem Acrylglas bezeichnet wird.
Gegossenes und extrudiertes Acrylglas
Das ist aber so nicht richtig. Im Prinzip handelt es sich um zwei völlig unterschiedliche Produkte mit eigenständigen Eigenschaften. So ist die Materialbeschaffenheit bei gewalztem Acrylglas heterogen, bei gegossenem PMMA dagegen homogen. Das hat zur Folge, dass sich gegossenes Acrylglas deutlich schwerer umformen lässt.
Aber nicht nur das: bei transparentem Acryl kann der Biegebereich matt und bei nicht transparentem PMMA durchscheinend werden. Formen Sie farbiges Acrylglas, kann der Farbton im Biegebereich in deutlichen Nuancen abweichen. Außerdem zieht es gegossenes Acryl in seine ursprüngliche Ausrichtung zurück, wenn es wieder entsprechend erhitzt wird.