In den skandinavischen Ländern und in Nordamerika wurde Zellulose bereits vor über 100 Jahren zur Wärmedämmung eingesetzt. Im Zuge des wachsenden Interesses an ökologischem Bauen spielt sie seit einigen Jahren auf dem Dämmstoffmarkt eine stetig wachsende Rolle. Zellulosedämmungen sind recht vielseitig einsetzbar. Im Vergleich zu anderen ökologischen Dämmstoffen ermöglicht Zellulose durch ihren günstigen Preis außerdem eine sehr wirtschaftliche Wärmedämmung. Aufgrund ihrer geringen Rohdichte eignet sich Zellulose sehr gut für den Leichtbau. Nachteile liegen vor allem in der geringen Feuchtigkeitsbeständigkeit des Materials: Mit Ausnahme von Gebäuden in Holzrahmenbauweise ist Zellulose daher nicht für Fassadendämmungen zugelassen. Im Marktsegment der ökologischen Dämmstoffe hält Zellulose einen Marktanteil von etwa 30 % und belegt damit den ersten Platz. Der Gesamtmarktanteil ökologischer Dämmstoffe liegt bisher in Deutschland jedoch unter 10 %.
Tabelle 1: Die Eigenschaften von Zellulose im Überblick
Eigenschaft | |
---|---|
Wärmeleitfähigkeit | 0,04 – 0,045 W/mK |
Baustoffklasse | Alt: B2 (normal entflammbar) |
minimale Dämmdicke gemäß EnEV 2014 | 16 cm |
Rohdichte Zelluloseflocken | 30 – 80 kg/m3 |
Rohdichte Zelluloseplatten | 80 kg/m3 |
Preis pro m2 | 10 – 20 EUR |
Welche Ausgangsstoffe sind in Zellulosedämmungen enthalten?
Zellulose (Cellulose) ist der Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwände. Aus Sicht von Chemikern gilt sie als häufigste organische Verbindung und häufigster Vielfachzucker (Polysaccharid). In Pflanzen bilden die Zellulosemoleküle oft reißfeste Fasern, die statische Funktionen übernehmen. Zellulose in originärer oder recycelter Form ist der wichtigste Ausgangsstoff für die Papierherstellung. Zellulose zur Wärmedämmung besteht zu 80 bis 90 % aus recyceltem Altpapier. Als Flamm- und Fäulnisschutz werden der Fasermischung 12 bis 20 % Borax, Borsalze oder Ammoniumpolyphosphat sowie 2 % Naturharze hinzugefügt.
Wie wird Zellulose zur Wärmedämmung hergestellt?
Die Produktion von Zelluloseflocken zur Wärmedämmung erfolgt in wenigen Arbeitsschritten: Das Recycling-Papier wird zerschnitzelt, mit Zusätzen vermengt und in einem mehrstufigen Zerreiß- und Mahlverfahren in faserige Flocken umgewandelt. Dämmstoffplatten aus Zellulose werden unter der Einwirkung von Wasserdampf gepresst. Der Dampf aktiviert die in der Zellulose vorhandenen natürlichen Bindemittel, zur Stabilisierung der Platten werden oft weitere natürliche Fasern – beispielsweise Jutematerial – verwendet.
Wie kommen Zellulosedämmungen in den Handel?
In den weitaus meisten Fällen wird Zellulose zur Wärmedämmung in Flockenform verwendet. Daneben gibt es Zellulose-Dämmplatten oder -Matten, die üblicherweise in Dicken zwischen 30 und 180 mm angeboten werden.
Zellulose – ein günstiger ökologischer Wärmedämmstoff
Mit einem Preis von 10 bis 20 EUR pro m2 zählt Zellulose zu den günstigen Dämmstoffen auf dem Markt. Zum Vergleich: Holzfaserdämmplatten, die ebenfalls als ökologischer Dämmstoff gelten, kosten zwischen 40 und 50 Euro pro m2. Für Kork werden zwischen 20 und 30 EUR, für Kokosfaser zwischen 35 und 55 Euro und für Perlite zwischen 20 und 45 EUR fällig. Der Preis von Zelluloseflocken und Zelluloseplatten liegt dagegen auf dem gleichen Niveau wie für gängige Dämmstoffe wie Mineralwollen (Glas- und Steinwolle) sowie den Kunststoffen EPS / Styropor oder XPS.
Hersteller von Zellulose zur Wärmedämmung
Viele Hersteller von Zellulose zur Wärmedämmung sind auch mit anderen Recyclingprodukten auf dem Markt aktiv. Bekannte Hersteller- und Markennamen sind beispielsweise isofloc, CWA/climacell oder die Dämmstoffwerke Homann (Homatherm).
Über welche bauphysikalischen Eigenschaften verfügt Zellulose?
Die Wärmeleitfähigkeit von Zellulose liegt unabhängig von der Verwendung als Zelluloseflocken oder -platten zwischen 0,04 und 0,045 W/mK (Watt pro Meter x Kelvin). In ihrer Dämmungsleistung liegen sie damit etwa gleichauf mit Kunststoffen wie EPS oder XPS. Mineralwollen ist Zellulose im Hinblick auf ihre Wärmedämmungsfähigkeiten zum Teil geringfügig überlegen. Die Dämmungswirkung von Zellulose resultiert aus dem Einschluss von Luft in den Faserzwischenräumen.
Gute Hitze- und Schallschutzfähigkeiten
Aufgrund der ruhenden Lufteinschlüsse zwischen den Fasern verfügt Zellulose außerdem über gute Hitze- und Schallschutzfähigkeiten. Diese sorgen dafür, dass Wärme- und Schallwellen deutlich zeitverzögert ins Gebäudeinnere dringen.
Diffusionsoffenheit und Kapillaraktivität
Zellulose ist ein hochgradig diffusionsoffener und kapillaraktiver Dämmstoff. Der Wasserdampfdiffusionswiderstand einer Wärmedämmung mit Zelluloseflocken liegt bei lediglich 1 bis 2 ?. Zellulosedämmungen eignen sich damit hervorragend für Altbausanierungen und/oder die Innendämmung von Außenwänden, die für eine nachhaltige Feuchtigkeitsbalance besonders hohe Anforderungen an die Kapillaraktivität der Dämmung stellen. Zum Vergleich: Wegen ihrer Diffusionsoffenheit und Kapillaraktivität gelten Kalziumsilikatplatten als bevorzugtes Material für die Wärmedämmung alter Häuser, ihr Wasserdampfdiffusionswiderstand liegt zwischen 5 und 20 ?.
Limitierte Brandschutzeigenschaften
Zellulose ist ein brennbares Material. Ihr Flammpunkt liegt bei 164 °C. Durch die Beigabe von Flammschutzmitteln werden ihre Brandschutzeigenschaften optimiert.
Tabelle 2: EPS und andere Wärmedämmstoffe im Vergleich
Dämmstoffe | Wärmeleitfähigkeit (W/mK) | Mindestdämmdicke laut EnEV (cm) | Kosten pro m2 (Euro) |
---|---|---|---|
Zellulose | 0,04 – 0,045 | 16 | 10 – 20 EUR |
Glaswolle | 0,032 – 0,040 | 14 | 10 – 20 EUR |
EPS/Styropor | 0,035 – 0,045 | 14 | 5 – 20 EUR |
Holzfaserdämmplatten | 0,04 – 0,55 | 18 | 40 – 50 EUR |
Kalziumsilikatplatten | 0,065 | 20 | 80 EUR |
DIN-Normen, Baustoffklassen, EnEV
Durch die EU-Norm DIN EN-13501-1 wird Zellulose der Baustoffklasse E (normal entflammbar) zugeordnet, durch die Zugabe von Flammschutzmitteln ist teilweise auch die Klassifikation als B – s2 d0 (teilweise schwer entflammbar) möglich. Nach der alten nationalen DIN-Norm 4102-1 gehört sie zur Baustoffklasse B2 (normal entflammbar). Zellulosedämmungen ohne Flammschutzmittel spielen in der Praxis keine Rolle. Um die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2014 zu erfüllen, muss eine Zellulosedämmung eine Mindestdämmdicke von 16 cm haben.
Zellulosedämmungen werden aus Recycling-Papier hergestellt. Sie bestehen zu 80 bis 90 % aus Zellulosefasern. Ihre Verwendung erfolgt hauptsächlich in Form von Zelluloseflocken, daneben werden auch Wärmedämmungen mit Zelluloseplatten oder -bahnen vorgenommen.
Einsatzgebiete einer Zellulose-Wärmedämmung
Zellulosedämmungen sind in trockenen Gebäudebereichen relativ flexibel einsetzbar. Verwendet wird Zellulose vor allem zur:
- Dachdämmung: Zur Dachdämmung wird Zellulose in Form von Platten oder Bahnen sowie als Sprühdämmung verwendet.
- Zwischensparrendämmungen, Dämmungen der Dachschrägen sowie des Dachbodens: Für diese Dämmungsarten wird Zellulose meist als (mehr oder weniger stark verdichtete) Einblasdämmung verwendet.
- Decken- und Fußbodendämmung: Für die Wärmedämmung von Böden oder Decken – inklusive einer nachträglichen Dämmung der obersten Geschoßdecke – kommen Zellulosefasern auch als lose Schüttdämmung zum Einsatz. Zellulose bewirkt hier unter anderem eine hervorragende Trittschalldämmung.
- Fassadendämmungen: Eine Fassadendämmung mit Zellulose kommt ausschließlich für Gebäude in Holzrahmenbauweise in Frage.
- Innendämmung von Außenwänden: Ein klassisches Anwendungsgebiet von Zellulosedämmungen ist die Innendämmung von Außenwänden in der Altbausanierung sowie bei der Wärmedämmung von denkmalgeschützten Gebäuden. Durch ihre Diffusionseigenschaften und ihre Kapillaraktivität ist Zellulose für diese Dämmungsform besonders gut geeignet. Bei zweischaligen Konstruktionen sind auch hier Einblasdämmungen möglich, ansonsten erfolgt die Wärmedämmung mittels Dämmplatten oder dem Aufbringen der Zelluloseflocken im Spray-On-Verfahren.
- Wärmedämmungen in Innenräumen.
- Wärmedämmungsverbundsysteme (WDVS): Im Rahmen von WDVS kommen Zellulosedämmungen vor allem in Kombination mit anderen ökologischen Wärmedämmstoffen – beispielsweise Holzfaserdämmplatten – zum Einsatz.
Vorteile der Wärmedämmung mit Zellulose
Vorteile einer Wärmedämmung mit Zellulose sind:
- Hervorragende Wärmedämmungsfähigkeiten.
- Wirtschaftlichkeit durch günstige Preise und moderate Dämmungsdicke.
- Formbeständigkeit: Auch Flockendämmungen mit Zellulose verfügen über hohe Formbeständigkeit. Anders als Granulat-Dämmstoffe wie Perlite lassen sich die Zelluloseflocken auch bei einer Einblasdämmung in hohem Maße pressen und verdichten. Sprühdämmungen mit Zelluloseflocken optimieren diese Eigenschaft.
- Elastizität: Wärmedämmplatten, -matten oder -bahnen aus Zellulose sind hochelastisch und passen sich damit den verschiedensten baulichen Gegebenheiten an.
- Diffusionsoffenheit und Kapillaraktivität: Zellulose ist hochgradig diffusionsoffen und kapillaraktiv. Durch ihren sehr geringen Wasserdampfdiffusionswiderstand ist eine Zellulosedämmung daher auch für die Innendämmung von Außenwänden hervorragend geeignet.
- Gute Hitze- und Schallschutzeigenschaften: Je nach Hersteller und Konsistenz der Dämmung können die Schallschutzeffekte von Zellulose bis zu 49 dB betragen.
- Geringes Gewicht: Durch ihre vergleichsweise geringe Rohdichte eignen sich Zellulosedämmungen auch gut zur Wärmedämmung von Steildächern und anderer gewichtssensibler Bereiche von Gebäuden.
- Hervoragende Ökobilanz: Zellulose ist ein natürlicher und nachwachsender Rohstoff. Auch die Energiebilanz bei ihrer industriellen Produktion ist günstig.
- Schädlings- und Schimmelschutz: Zellulosedämmungen werden durch Zusatzstoffe gegen Schädlingsbefall geschützt und sind weitgehend schimmelresistent.
Nachteile einer Zellulose-Wärmedämmung
Nachteile einer Zellulose-Wärmedämmung sind
- Geringe mechanische Belastbarkeit des Dämmstoffs: Eine Zellulosedämmung kann nur dort zum Einsatz kommen, wo wenig bis keine Anforderungen an die mechanische Belastbarkeit des Dämmstoffes bestehen. Eine Boden- oder Deckendämmung mit Zellulose ist zwar im Hinblick auf Dämmungsleistung und Schallschutzwirkung effektiv, mechanische Belastungen müssen jedoch durch andere Materialien abgefedert werden.
- Limitierte Feuchtigkeitsbeständigkeit: Zellulosedämmungen können im Wesentlichen nur in einer trockenen Umgebung zum Einsatz kommen. Das Material ist nicht feuchtigkeitsresistent und – einmal durchfeuchtet – nur schwer wieder zu trocknen.
- Brennbarkeit: Die meisten Zellulosedämmungen sind auch nach dem Zusatz von Flammschutzmitteln normal entflammbar und brennen bereits bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen. Im Einzelfall lassen sich die Brandschutzeigenschaften von Zellulosedämmungen auf den Status „teilweise schwer entflammbar“ optimieren. Im Brandfall werden keine explizit toxischen Emissionen freigesetzt.
Wie wird Zellulose verarbeitet?
Bei der Bearbeitung von Zellulose kommt es darauf an, in welcher Konsistenz das Material Verwendung finden soll:
- Einblasdämmungen: Einblasdämmungen sind ein typisches Einsatzfeld für Zellulose. Sie dürfen nur mit Spezialgeräten vorgenommen werden.
- Schüttdämmungen: Schüttdämmungen mit Zellulose stellen keine besonderen technischen Anforderungen. Aus baurechtlicher Sicht können sie auch als Eigenleistung erfolgen.
- Sprühdämmungen: Sprühdämmungen mit Zellulose sind ein neueres Verfahren. Dafür werden die Zelluloseflocken angefeuchtet, mit geringen Mengen Kleber versetzt und mit Hilfe von Spezialgeräten an die Wand gesprüht. Durch diese Methode entsteht eine plattenartige, bis zu 120 mm dicke Dämmschicht, die sich auch bei Unebenheiten oder schwierigen Bauformen exakt und fugenlos den Wänden anpasst. Auch hierfür ist die Expertise eines Fachmanns nötig. Sprühzellulose wird vor allem für Innendämmungen in historischen Gebäuden verwendet, eine ebene Wandoberfläche entsteht danach beispielsweise durch das Aufbringen von Lehm- oder Kalkputz.
- Zelluloseplatten: Wärmedämmplatten sowie Matten oder Bahnen aus Zellulose werden geklebt. Die Bearbeitung kann mit den üblichen Holzwerkzeugen erfolgen.
Rückbau, Recycling, Entsorgung
Der Rückbauaufwand für eine Zellulosedämmung ist gering. Ein- oder aufgeblasene lose Zelluloseflocken sind recyclingfähig und können zumindest theoretisch wieder al Dämmmaterial Verwendung finden. Zellulose ist ohne besondere Auflagen deponiefähig. Fachgerecht entsorgt wird Zellulose im Rahmen der normalen Müllverbrennung.
Gesundheitliche Unbedenklichkeit und Arbeitsschutz
Verbaute Zellulose ist ein gesundheitlich völlig unbedenklicher Dämmstoff, sie sondert keinerlei gesundheitsschädliche Emissionen ab. Einige Produkte verfügen über unabhängige Zertifikate ihrer Schadstofffreiheit. Zellulosedämmungen mit einem Altpapieranteil von mindestens 80 % kommen mit dem Umweltzeichen RAL-ZU 36 in den Handel.
Feinstaubemissionen in der Einbauphase
In der Einbau- und Verarbeitungsphase von Zellulosedämmungen wurden Feinstaubbelastungen gemessen, die den sogenannten TRK-Wert – die technische Richtlinienkonzentration – von 2 mg/m3 um ein Vielfaches übersteigen. Bei Einblasdämmungen mit Zellulose werden pro m3 11 mg Feinstaub freigesetzt, bei der Verwendung von Sprühzellulose entstehen 21 mg/m3 Feinstaub. Zwar existieren bisher keine offiziellen Grenzwerte für die gesundheitsschädlichen Wirkungen von Zellulose-Stäuben, seitens der Berufsgenossenschaft des Baugewerbes wird jedoch analog zum RTK-Wert für Holzstaub eine potenziell krebserregende Wirkung vermutet. Vor allem beim regelmäßigen, professionellen Umgang mit Zellulosedämmungen ist daher die Einhaltung entsprechender Arbeitsschutzvorschriften (Mundschutz, Atemmaske) unverzichtbar. Bei Einblasdämmungen mit Zelluloseflocken lässt sich die Staubbelastung durch einen geschlossenen Einblas- und Ansaugkreislauf deutlich reduzieren.