PUR-Kunststoffschäume wurden in den 1930er Jahren erfunden, ihre Anwendungsbereiche reichen von der Herstellung von Textilien oder Schuhen über medizinische Geräte bis zur Möbel- oder Autoproduktion. Zur Wärmedämmung werden sie seit den 1960er Jahren als PUR/PIR Hartschaum eingesetzt. Im Vergleich zu allen anderen marktüblichen Dämmstoffen verfügen sie über eine deutlich geringere Wärmeleitfähigkeit und bewirken folglich eine besonders effiziente Dämmung. PUR/PIR Dämmstoffe sind witterungsbeständig, trotz ihrer sehr geringen Rohdichte bleiben sie auch bei höheren Belastungen formstabil.
PUR/PIR – hohe Dämmfähigkeit, flexible Einsatzmöglichkeiten
Trotz des vergleichsweise günstigen Preises und ihrer hervorragenden Dämmungseigenschaften liegt der Marktanteil von PUR/PIR Dämmstoffen in Deutschland bisher unter 10 %, zeigt aus Sicht von Experten allerdings seit Jahren eine steigende Tendenz. Ihr grundsätzlicher Nachteil besteht in begrenzter Feuersicherheit. Durch die Verwendung in Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) sowie die Kombination mit anderen Dämmstoffen – beispielsweise Holzfasern – lassen sich vor allem die Schall- und Hitzeschutzeigenschaften von PUR/PIR weiter optimieren. Klassische Einsatzfelder sind Dach- und Fassadendämmungen, Keller- und Perimeterdämmungen sowie der Innenausbau von Gebäuden.
Tabelle 1: Die Eigenschaften von PUR/PIR im Überblick
Wärmeleitfähigkeit | 0,02 – 0,025 W/mK |
---|---|
Baustoffklasse | Alt: B1, B2, neu: C – s3 d0, E (schwer oder normal entflammbar) |
minimale Dämmdicke gemäß EnEV 2014 | 10 cm |
Rohdichte | 30 – 35 kg/m3 |
Preis pro m2 | 10 – 20 EUR |
Was verbirgt sich hinter den Kürzeln PUR und PIR
Die Abkürzung PUR steht für Polyurethane, hinter der Bezeichnung PIR verbergen sich die sogenannten Polyisocyanurate. Bei beiden Substanzen handelt es sich um Kunststoffe, die durch eine chemische Reaktion entstehen und miteinander eng verwandt sind. Zur Wärmedämmung werden Mischungen aus PUR und PIR verwendet.
Woraus bestehen PUR/PIR Mischungen zur Wärmedämmung?
Handelsübliche PUR/PIR Dämmstoffe bestehen zu jeweils etwa 40 % aus Polyolen (PUR) und Polyisocyanuraten (PIR). Hinzu kommen 5 bis 10 % halogenisierte Phosphorsäureester (TCPP, TCEP) al Flammschutzmittel sowie 10 bis 15 5 Treibmittel (Pentan oder CO2). Die Beimengung von Fluorkohlenwasserstoffen (FCKW) als Treibmittel ist inzwischen europaweit per Gesetz verboten. Neben den Mischungen ist auch die Herstellung reiner PUR- oder PIR-Hartschäume (jeweils unter Zugabe von Treib- und Flammschutzmitteln) möglich.
Wie werden PUR/PIR Hartschäume produziert?
Rohstoffe für PUR/PIR Dämmstoffe sind Erdöl sowie der sogenannte „Biodiesel“, der aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Kartoffeln oder Zuckerrüben produziert wird. Die chemische Reaktion zu PUR/PIR erfolgt unter Zusatz von Treibmitteln im flüssigen Zustand. PUR/PIR Dämmplatten werden im Doppelbandverfahren hergestellt, bei dem das aufgeschäumte Gemisch auf einer Doppelbandanlage verteilt und mit den oberen und unteren Deckschichten verklebt wird. Die Deckschichten können aus Mineral- oder Glasvlies, Aluminiumfolie, Verbundfolien sowie Dach- und Dichtungsbahnen bestehen. PUR/PIR-Blöcke werden nach dem Blockschaumverfahren produziert, indem die Ausgangsmasse in Blockformen oder auf ein kontinuierliches Blockband strömt. Die Blöcke werden anschließend zu Platten oder Formteilen geschnitten. Für spezielle Verwendungen – etwa Rohrverkleidungen oder Dämmkeile – werden im Blockschaumverfahren entsprechend geformte Integralschaumteile hergestellt.
Wie kommen PUR/PIR Hartschäume in den Handel?
In den Handel kommt PUR/PIR in Plattenform, als Block oder als PUR/PIR-Integralschaumteil. Die weitaus meisten PUR/PIR-Dämmungen werden mit entsprechenden Platten vorgenommen, deren Dicke bis zu 200 mm betragen kann. Neben starren gibt es auch halbstarre oder flexible Platten aus PUR/PIR. Der Preis von PUR/PIR-Dämmplatten liegt zwischen 10 und 20 EUR pro m2 und damit gleichauf mit den Preisen für Stein- und Glaswolle, die in Deutschland bisher den Löwenanteil bei den Dämmstoffverkäufen halten.
Diffusionsoffene und diffusionsdichte Varianten
Die bauphysikalischen Eigenschaften des Dämmstoffs können durch entsprechende Parameter während der Herstellung gesteuert werden. Beispielsweise werden PUR/PIR-Dämmplatten sowohl in diffusionsoffenen als auch diffusionsdichten Varianten angeboten.
Einzelplatten, Verbundbaustoffe, WDVS
Neben Einzelplatten und PUR/PIR-Formblöcken zur Wärmedämmung werden auch zahlreiche WDVS auf PUR/PIR Basis angeboten. Vor allem in diesem Bereich kommen die Kunststoffe in Form von Verbundbaustoffen zum Einsatz. Die Verbundlösungen optimieren einerseits den Arbeitsaufwand für die Wärmedämmung, gleichzeitig verbessern sie die Hitze- und Schallisolierung sowie gegebenenfalls auch die Brandschutzeigenschaften des Gebäudes.
Hersteller von PUR/PIR Dämmmaterialien
PUR/PIR Dämmstoffe werden von zahlreichen deutschen und europäischen Baustoffherstellern produziert. Bekannte Namen sind beispielsweise Rockwool, Aprithan und Correcthane Dämmsysteme (Eurothane, Thermopur). WDVS werden unter anderem von Brillux, Rockwool, aber auch von zahlreichen kleineren Herstellern angeboten.
Über welche bauphysikalischen Eigenschaften verfügt PUR/PIR?
Die Wärmeleitfähigkeit (? – Lambda) moderner Dämmstoffe liegt unter 1 W/mK (Watt pro Meter x K). Mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,02 bis 0,025 W/mK belegen PUR/PIR Dämmstoffe im Vergleich zu allen anderen handelsüblichen Dämmstoffen hier einen Spitzenplatz. Zum Vergleich: Die Wärmeleitfähigkeit von Mineralwollen bewegt sich zwischen 0,32 du 0,04 W/mK. Die hervorragenden Dämmungseigenschaften von PUR/PIR ergeben sich daraus, dass die Hartschäume aus zahllosen kleinen, in sich abgeschlossenen Zellen bestehen, die diesem Material bereits bei geringen Dicken einen hohen Wärmedurchlasswiderstand verleihen.
Gute Wärme- und Schallschutzfähigkeiten
Die spezifische Wärmekapazität c gibt an, wieviel Wärmeenergie erforderlich ist, um die Temperatur eines Materials um ein K zu erhöhen – je höher sie ist, desto besser sind die Wärmeschutzeigenschaften eines Baustoffs. Mit einer Wärmekapazität von 1.200 bis 1.400 J/(kg?K) bringt PUR/PIR sehr gute Wärmeschutzeigenschaften mit. Daneben eignet sich der Dämmstoff auch als wirkungsvoller Schallschutz. Durch die Verwendung in WDVS werden die Wärme- und Schallschutzfähigkeiten von PUR/PIR weiter optimiert.
Limitierte Feuersicherheit
Als Kunststoff ist PUR/PIR grundsätzlich brennbar. Sein Schmelzpunkt liegt bei etwa 250 °C. Die Feuersicherheit eines mit PUR/PIR gedämmten Hauses ist daher limitiert, kann im Rahmen von WDVS und/oder durch Verbundwerkstoffe jedoch verbessert werden. Falls PUR/PIR in Brand gerät, können hochtoxische Blausäure und andere giftige Brandgase entstehen. Die Temperaturbeständigkeit von PUR/PIR liegt langfristig bei 90 °C.
Tabelle 2: PUR/PIR und andere Wärmedämmstoffe im Vergleich
Dämmstoffe | Wärmeleitfähigkeit (W/mK) | Mindestdämmdicke laut EnEV (cm) | Kosten pro m2 (Euro) |
---|---|---|---|
PUR/PIR | 0,02 – 0,025 | 10 | 10 – 20 EUR |
Styropor/EPS | 0,035 – 0,045 | 14 | 5 – 20 EUR |
Glaswolle | 0,032 – 0,040 | 14 | 10 – 20 EUR |
Steinwolle | 0,035 – 0,040 | 14 | 10 – 20 EUR |
Kalziumsilikatplatten | 0,065 | 20 | 80 EUR |
DIN-Normen, Baustoffklassen, EnEV
Durch die EU-Norm DIN EN-13501-1 wird PUR/PIR den Baustoffklassen C – s3 d0 und E (schwer oder normal entflammbar) zugeordnet, was den alten nationalen Baustoffklassen B1 oder B2 entspricht. Die Mindestdämmdicke mit diesem Material gibt die Energieeinsparverordnung (EnEV) 2014 mit nur 10 cm vor. Im Vergleich zu anderen Dämmstoffen ist sie damit konkurrenzlos niedrig, was eine sehr wirtschaftliche Wärmedämmung mit PUR/PIR erlaubt.
Einsatzgebiete von Wärmedämmungen mit PUR/PIR
Zur Wärmedämmung ist PUR/PIR sehr flexibel einsetzbar, verwendet wird dieser Dämmstoff beispielsweise für
- Dachdämmungen: Aufgrund seiner geringen Rohdichte und des niedrigen Gewichts ist PUR/PIR auch für die Wärmedämmung von Steildächern und anderen gewichtssensiblen Dachkonstruktionen hervorragend geeignet. Für die Flachdachdämmung ist das Material unter anderem durch Robustheit, Formbeständigkeit und Wetterunempfindlichkeit prädestiniert.
- Zwischen- und Untersparrendämmungen.
- Fassadendämmung: Bei großflächigen Fassadendämmungen ermöglicht PUR/PIR einen sehr wirtschaftlichen Materialeinsatz.
- Fußboden- und Deckendämmung: Zur Fußboden- und Deckendämmung ist PUR/PIR vor allem im Innenbereich geeignet.
- Fenster- und Türrahmendämmungen.
- Kellerdämmung: Für Kellerdämmungen ist PUR/PIR ein Allround-Dämmstoff, der sich zur Dämmung von Wänden und Fußböden sowie der Decke eignet.
- Perimeterdämmung: Die Perimeterdämmung ist ein Spezialbereich der Keller-, jedoch gegebenenfalls auch der Fassadendämmung. Der Begriff bezeichnet die Wärmedämmung erdberührender Baubereiche an der Außenseite des Gebäudes. Perimeterdämmungen werden an der äußeren Seite einer in das Erdreich gebauten Kelleraußenwand oder unterhalb der Bodenplatte von Gebäuden vorgenommen.
- WDVS.
- Montageschäume.
Vorteile der Wärmedämmung mit PUR/PIR
Vorteile einer Wärmedämmung mit PUR/PIR sind:
- Exzellente Wärmedämmungseigenschaften.
- Geringer Preis.
- Wirtschaftlicher Materialeinsatz durch die geringe Mindestdämmdicke.
- Robustheit: Dämmplatten und andere Dämmelemente aus PUR/PIR sind wasserabweisend, verwitterungsbeständig, resistent gegen Schimmel und Ungezieferbefall sowie druck- und formstabil.
- Geringes Gewicht: Das geringe Gewicht von PUR/PIR Dämmelementen ist nicht nur für fragile Konstruktionen vorteilhaft, sondern ermöglicht auch ein unkompliziertes Handling dieses Dämmstoffs.
- Elastizität: Je nach Einsatzgebiet ist die Möglichkeit der Verwendung von starren oder elastischen Platten und Bauteilen aus PUR/PIR gegeben. Elastische PUR/PIR Dämmplatten sind beispielsweise für Gefälledämmungengeeignet.
- Diffusionsoffenheit/Kapillaraktivität: PUR-/PIR-Dämmmaterialien sind sowohl in diffusionsoffener als auch in diffusionsdichter Form verfügbar. (Wichtig: Der allgemeine Trend geht heute zu einer diffusionsoffenen und kapillaraktiven Wärmedämmung, um Feuchteschäden an der Bausubstanz zuverlässig zu vermeiden.
- Guter Schall- und Wärmeschutz.
Nachteile einer PUR/PIR-Wärmedämmung
Nachteile der Wärmedämmung mit PUR/PIR sind:
- Herstellung auf Erdölbasis: Dieser Nachteil bezieht sich nicht nur auf PUR/PIR, sondern auf die gesamte Baustoffklasse von synthetischen Materialien/Kunststoffen zur Wärmedämmung. Unter anderem hat er eine im Vergleich zu mineralischen und organischen Dämmstoffen ungünstige Energiebilanz zur Folge.
- Entflammbarkeit/geringe Feuersicherheit.
- Toxizität im Brandfall.
Wie wird PUR/PIR bearbeitet?
Zur Bearbeitung von PUR/PIR Dämmelementen sind keine speziellen Werkzeuge erforderlich. Die Platten oder Blöcke lassen sich problemlos mit den üblichen Holzwerkzeugen schneiden, bohren oder fräsen. PUR/PIR Dämmelemente werden entweder gedübelt oder mit Spezialklebern geklebt.
Rückbau, Recycling und Entsorgung
Bei loser Befestigung einer PUR/PIR Wärmedämmung ist der Rückbauaufwand gering, bei einer Verklebung dagegen hoch. Ein Recycling wird bisher nur bei Produktionsresten praktiziert, für Baustoffreste ist sie weder ökonomisch noch ökologisch zu vertreten. Eine fachgerechte Entsorgung erfolgt in Abfallverbrennungsanlagen. Reine PUR-Dämmelemente verbrennen rückstandfrei.
Gesundheitliche Unbedenklichkeit und Arbeitsschutz
Schadstoffmessungen zu PUR/PIR Wärmedämmungen gibt es bisher nicht, zum Teil wird eine kanzerogene (krebserregende) Wirkung des Treibmittels TCPP vermutet. Im Brandfall entstehen toxische Substanzen. Bei der Verarbeitung von PUR/PIR kann es zu gesundheitsschädlichen Feinstaubbelastungen kommen. Entsprechende Arbeitsschutzvorschriften (Mundschutz, Atemmaske) und/oder das Absaugen des Staubes sind bei Arbeiten mit PUR/PIR daher dringend zu empfehlen.