Irreführende Trocknungszeit von Beton
Der Vorgang an sich ist denkbar einfach. Zement wird mit Sand, Kies und Wasser vermischt. Die graue Masse, der Beton, wird danach verarbeitet. Im weiteren Verlauf muss er trocknen. Dieser Vorgang ist allerdings eher umgangssprachlich zu verstehen. Denn das Wasser, das Beton aufnimmt, verdunstet nicht bzw. nicht vollständig. Bis zu einem gewissen Grad darf es nicht verdunsten. Es spielen viele Faktoren zusammen, die sich auch auf die unmittelbaren Betoneigenschaften auswirken.
Zementleim – Zement, der mit Wasser zu Zementstein abbindet
Es ist wichtig zu verstehen, was bei der Herstellung von Beton konkret passiert. Sand und Kies spielen zunächst eine untergeordnete Rolle. Beide dienen vielmehr als Füllstoffe, um den Zementbedarf gering zu halten und Kosten zu sparen. Im Mittelpunkt steht der sogenannte Zementleim, der beim Mischen von Zement und Wasser entsteht, wobei Wasser von Zement unterschiedlich gut aufgenommen wird:
- physikalisch
- chemisch
Der Wasser-Zement-Wert
Das Verhältnis einer definierten Menge Wasser zu einer ebenfalls definierten Menge Zement wird als Wasserzementwert (w/z-Wert, ZWK für Zement-Wasser-Koeffizient oder W/B-Wert für Wasserbindemittelwert) bezeichnet. Insgesamt kann Zement 40% seines Volumens an Wasser binden. Bei durchschnittlichem Zement beträgt der physikalisch gebundene Anteil des Wassers 15%, der chemisch gebundene Anteil 25%, insgesamt 40%. Ausgehend von dieser absoluten Sättigung ergibt sich ein c/w-Wert von 0,40.
Wasser muss gebunden bleiben
Die 25 Prozent, die chemisch gebunden werden, trocknen nicht aus. Vielmehr verwandelt sich Zement mit Hilfe des Wassers in viele Kristallspitzen, die ineinander wachsen und die Festigkeit ermöglichen. Die Füllstoffe Sand und Kies werden im Prinzip lediglich vom abbindenden Wasser-Zement-Gemisch umhüllt. Das darin physikalisch gebundene Wasser bleibt gebunden. Gleichzeitig beeinflusst dieses physikalisch im Zement gebundene Wasser die Druckfestigkeit.
Überschusswasser – Kapillarbildung und Betonbluten
Wird mehr Wasser zugegeben, zum Beispiel um Beton fließfähiger zu machen, kann überschüssiges Wasser nicht gebunden werden. Während Zement mit der maximalen Wassermenge abbindet, bleibt Überschusswasser buchstäblich zurück und wird durch die Kristallbildung permanent verdrängt. Auf diese Weise entstehen sogenannte Kapillarporen, die das gesamte Betonbauteil durchziehen. Die Poren wirken sich nicht nur auf die Druckfestigkeit aus, sondern können später erneut Wasser aufnehmen, was zu einer höheren Saugfähigkeit führt.
Saugfähigkeit als Qualitätsmangel
Gerade bei Hochleistungsbeton mit einer sehr hohen Druckfestigkeit ist das eine absolut unerwünschte Eigenschaft. Im Außenbereich saugt sich Beton je nach Witterung regelmäßig mit Wasser voll. Im Winter geht Wasser bei Frost in seinen festen Aggregatzustand über, dehnt sich aus und sprengt Beton. Bei einer weiteren Wasserzugabe blutet Beton und die Poren werden noch größer. Um eine möglichst hohe Druckfestigkeit zu erreichen, muss der w/z-Wert, bezogen auf die maximale Wasseraufnahme (im Beispiel 40 Prozent), unter 0,40 liegen. Bei diesem Zement sollte er zwischen 0,25 und 0,40 liegen.
Vorgänge während der Trocknungszeit in Abhängigkeit der Betonmischung
Beton hat demnach keine Trocknungszeit im eigentlichen Sinne. Dennoch können sich bereits während der Verarbeitung folgende Eigenschaften einstellen:
- Zement bindet mit Wasser ab
- Überschusswasser bildet Kapillarporen
- Beton blutet
Entscheidende Zeitspanne – das Erreichen der gewünschten Druckfestigkeit
Tatsächlich ist bei Beton letztlich der Zeitpunkt entscheidend, an dem der Baustoff die gewünschte Druckfestigkeit erreicht. Streng genommen dauert die Kristallisation mehrere Monate. So lange kann niemand warten. Deshalb wurde in Deutschland ein Richtwert festgelegt, der eingehalten werden muss, um die Anforderungen an die gewünschte Druckfestigkeit zu erfüllen. Nach DIN 1164 wird davon ausgegangen, dass Beton die gewünschte Festigkeit erreicht hat.
Aushärtezeit besser als Austrocknungszeit
Auf diese Weise kann die Trocknungszeit besser als Aushärtezeit definiert werden. Tatsächlich geht die genannte DIN von einer solchen Aushärtungszeit aus. Allerdings sind 28 Tage sehr lang, denn teilweise müssen Arbeiten ausgeführt werden, bei denen auf diese recht lange Aushärtezeit keine Rücksicht genommen werden kann. Zunächst wird Beton jedoch in drei verschiedene Stadien eingeteilt:
- Frischbeton (angemacht, noch nicht abgebunden)
- junger bzw. grüner Beton (noch nicht vollständig ausgehärtet)
- Festbeton (bereits vollständig ausgehärtet)
Nicht zu unterschätzen – die Nachbehandlung von Beton
Das Stadium des Frischbetons ist mit 28 Tagen sehr lang. In dieser Zeit verändert Beton seine Konsistenz ständig. Ein großes Problem ist die Witterung. Ist es zu warm, verdunstet das Wasser im Beton. Das physikalisch gebundene Wasser würde dem Beton ebenfalls entzogen. Im Winter kann das noch nicht vollständig gebundene Wasser gefrieren und sich ausdehnen.
Mögliche Nachbehandlungen je nach Witterung
In beiden Fällen würde junger Beton nachhaltig geschädigt. Deshalb wird während der Aushärtezeit eine sogenannte „Beton-Nachbehandlung“ durchgeführt. Ist es zu kalt, muss er warm gehalten werden. 10 Grad Celsius sind optimal. Im Sommer hingegen muss aushärtendem Beton Wasser zugeführt werden, um die verdunstete Flüssigkeit auszugleichen.
Nachbehandlung – eine Woche oder länger
Dieser Vorgang muss mindestens einige Tage bis zu einer Woche andauern. Die Wasserzugabe muss dabei genau dosiert werden, da der Beton nicht ausgewaschen werden darf. An der Oberfläche, der oberen Schicht, darf sich ein lediglich hauchdünner Zementschleier bilden. Im Zusammenhang mit der Nachbehandlung von Trocknungszeit zu sprechen, wäre deshalb irreführend. Die umgangssprachliche Trocknungszeit beschreibt tatsächlich die Erhärtung.