Um die Funktion und die Grenzen einer Dampfsperre zu verstehen, ist eine Begriffsklärung notwendig: Luftdichtheit gehört zu den Grundvoraussetzungen einer wirkungsvollen Wärmedämmung. Die Energieeinsparverordnung (EnEV) 2014 schreibt für Neubauten und energetische Sanierungen eine komplette Wärmedämmung des Gebäudes vor, damit ist automatisch auch die Luftdichtheit der Konstruktion gegeben. Solche Luftdichtungsschichten liegen immer innen, also auf der warmen Seite des Dachgeschosses oder der Fassade. Häufig übernehmen sie gleichzeitig die Funktion einer Dampfsperre oder Dampfbremse, die jedoch nicht bei allen Bauten und Dämmmaßnahmen erforderlich ist. Insgesamt geht der Trend in der modernen Wärmedämmung zu diffusionsoffenen Konstruktionen.
Tabelle 1: Diffusionsoffene, dampfbremsende und dampfsperrende Materialien (nach DIN 4108-3)
Grenzwerte für die wasserdampfdiffusionsabhängigen Luftschichtdicke (Sd-Wert)
Sd-Wert (m) | Diffusionseigenschaften | ||||
---|---|---|---|---|---|
m | diffusionsoffen | m > 0,5 und | dampfbremsend | m >= 1.500 | dampfsperrend |
Luft- und Winddichtheit ist nicht mit Dampfdichtheit identisch
Was oft übersehen wird: Luft- und Winddichtheit sowie Dampfdichtung sind keine identischen Begriffe und beruhen nicht zwangsläufig auf den gleichen Bauverfahren. So können diffusionsoffene Konstruktionen z.B. luft- bzw. winddicht sein, aber die Diffusion von Wasserdampf in unterschiedlich hohem Maße zulassen. Weist umgekehrt eine eigentlich dampfdichte Konstruktion undichte Stellen auf, kann Wasserdampf in die Dämmschicht oder in die Bausubstanz eindringen und dort kondensieren, ohne dass dadurch die Luftdichtheit aufgehoben wird. Wenn die Kondensationsfeuchte durch die isolierende Wirkung der Dampfsperre dann nicht mehr getrocknet werden kann, bilden sich mittel- bis langfristig Schimmel oder Feuchteschäden.
Dampfsperren – lange Zeit das Nonplusultra in der Wärmedämmung
Trotzdem galt das Aufbringen einer Dampfsperre lange Zeit als das Nonplusultra in der Wärmedämmung – die möglichen negativen Folgen führten teilweise zu kontroversen Diskussionen über „Sinn und Unsinn“ der Dämmungspflicht an sich. Dabei ist es auch von Bedeutung, dass EPS/Styropor eine führende Rolle auf dem Dämmstoffmarkt spielt – abgesehen von neueren EPS/Styropor-Qualitäten mit diffusionsoffenen Eigenschaften basieren die meisten EPS-Dämmungen auf weitgehend dampfdichten Konstruktionen.
Was ist eine Dampfsperre?
Eine Dampfsperre ist eine Sperrschicht mit einem definierten Wasserdampfdiffusionswiderstand, die das Eindringen von Feuchtigkeit aus den Innenräumen des Gebäudes in die Wärmedämmung weitgehend einschränkt oder vollständig verhindert. Ziel des Einbaus einer Dampfsperre ist es, das Absetzen von Kondenswasser in der Dämmschicht, in der Bausubstanz oder zwischen diesen beiden Schichten zu verhindern. Die Luftfeuchtigkeit soll im Gebäudeinneren verbleiben und durch Lüftung trocknen oder nach außen abgeführt werden. Gleichzeitig werden Dach oder Fassade mit einem äußeren Feuchteschutz (Abdichtung) versehen, der die Bausubstanz vor Witterungseinflüssen schützt.
Feuchtigkeitsbelastung von Innenräumen
In bewohnten Innenräumen wird ständig Luftfeuchtigkeit erzeugt. So fallen beispielsweise beim Duschen oder Baden jeweils ein bis zwei Liter Raumfeuchte an. Bei leichten Tätigkeiten erzeugen Menschen etwa 30 bis 60 Gramm Feuchtigkeit pro Stunde, bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten können es bis zu 300 Gramm pro Stunde sein. Beim Kochen oder Wäschetrocknen entstehen zwischen 50 und 600 Gramm Feuchtigkeit pro Stunde.
Wasserdampfdiffusion von warmen zu kalten Baubereichen
Feuchtigkeit in Form von Wasserdampf diffundiert grundsätzlich von warmen zu kalten Baubereichen, also in der kalten Jahreszeit von den beheizten Innenräumen in die Dämmschicht und die Außenwand. Im Sommer kann bei bestimmten Wetterlagen auch eine sogenannte Umkehrdiffusion von außen in das Gebäudeinnere erfolgen. Wird die Wasserdampfdiffusion nicht durch einen geeigneten Schichtaufbau unterbunden oder kontrolliert, kann sich schädliches Kondenswasser bilden.
Taupunktberechnungen
Wichtig für eine einwandfreie Dämmung ist nicht nur eine möglichst hohe Dämmungsleistung, sondern auch die Steuerung des Taupunkts von Wasserdampf durch die Konstruktion. Idealerweise liegt dieser nahe an der Oberfläche oder außerhalb der Außenwände. Für Wärmedämmungsverbundsysteme (WDVS) oder Flachdachdämmsysteme liegen in der Regel Taupunktberechnungen vor, die nachweisen, dass sich der Taupunkt an einer Stelle befindet, an der Kondenswasser problemlos verdunsten oder abgeleitet werden kann. Alternativ erfolgt die Berechnung bei der Planung der Wärmedämmung durch eine Fachkraft.
Wann ist ein Material als Dampfsperre geeignet?
Ob ein Material als Dampfsperre oder Dampfbremse geeignet ist, entscheidet sich anhand der wasserdampfdiffusionsabhängigen Luftschichtdicken (Sd-Wert). Der Sd-Wert wird in m angegeben und bezeichnet den Widerstand, den ein Bauteil oder Baustoff einem Dampfstrom entgegensetzen kann. Berechnet wird er durch die Multiplikation des Wasserdampfdiffusionswiderstandes (µ) mit der Dicke dieser Komponente. Dampfsperrend wirken Materialien mit einem Sd-Wert > 100 m. Zum Vergleich: Weitgehend diffusionsoffene Materialien wie Mineralwollfasern oder Holzfaserplatten mit Bitumenanstrich haben einen Sd-Wert von 0,2 bzw. 0,22 m.
Wasserdampfdiffusionswiderstand (Dampfsperrwert)
Anders als der Sd-Wert stellt der Wasserdampfdiffusionswiderstand keine Relation zur tatsächlichen Dicke von Baustoffen oder der Dämmschicht her, sondern beschreibt den spezifischen Widerstand, den ein Stoff dem Wasserdampf/der Luftfeuchtigkeit im Vergleich zu einer gleich dicken, ruhenden Luftschicht entgegensetzt. Je niedriger er ist, desto diffusionsoffener ist das Material.
Tabelle 2: Wasserdampfdurchlässigkeit der zehn wichtigsten Dämmstoffe
Dämmstoff | Wasserdampfdurchlässigkeit |
---|---|
EPS/Styropor | gering |
Mineralwolle (Stein-/Glaswolle) | hoch |
Holzfaser | hoch |
Kalziumsilikatplatte | hoch |
XPS | gering |
PUR/PIR | gering |
Zellulose | hoch |
Perlite | hoch |
Hanf/Flachs | hoch |
Schaumglas (Platte) | sehr gering |
Schaumglas (Schotter) | hoch |
Welche Baustoffe kommen als Dampfsperre in Frage?
Vollständige Dampfsperren im technischen Sinne sind nur Metalle oder Glas. Beispielsweise kann eine Wärmedämmung aus Schaumglas / Foamglas gleichzeitig als Dampfsperre wirken. Dieser Dämmstoff wird unter anderem für Perimeterdämmungen, zur Wärmedämmung von Umkehrdächern sowie für verschiedene Formen der Fassadendämmung verwendet. Andere Dämmstoffe wie EPS/Styropor oder XPS haben stark dampfbremsende Eigenschaften, sind aber nicht völlig dampfdicht. Unabhängig vom verwendeten Dämmstoff werden Dampfsperren in Form von Alufolien, mit Alufolien kaschierten Glasfaserdämmungen und vor allem als dampfdichte Kunststofffolien eingebracht.
Grundanforderungen an eine Dämmungslösung mit Dampfsperre
Grundsätzlich gilt, dass die Diffusionsoffenheit einer gedämmten Dach- oder Fassadenkonstruktion nach außen hin zunehmen sollte. Eine Dampfsperre wird unter der Dämmschicht auf der Innenseite angebracht, ihre Dichtigkeit muss im Vergleich zum restlichen Konstruktionsaufbau nach außen sechs Mal höher sein.
Einbringen einer Dampfsperre
Vor allem beim Dachausbau, bei Holzhäusern sowie bei Gebäuden in Holzständerbauweise kann in der Regel nicht ganz auf den Feuchteschutz durch eine Dampfsperre oder Dampfbremse verzichtet werden. Bei der Montage einer Dämmungslösung mit Dampfsperre sind zumindest theoretisch nur zwei Grundregeln zu beachten:
- Innenseitige Montage der Dampfbremse
- 100-prozentige Dichtheit der Dampfsperrschicht.
Spannungsfreie, überlappende Verlegung
Die Bahnen der Sperrfolie liegen auf der Dämmschicht, sie sollen nicht unter Spannung stehen, sondern etwas durchhängen und sich um mindestens 10 cm überlappen. An das Mauerwerk wird die Folie durch Materialzugabe angeschlossen, ihre Befestigung erfolgt üblicherweise mit Breitkopfstiften oder Tackerklammern, zur Abdichtung dient ein Tackerband.
Abdichtung von Durchbrüchen und Anschlussstellen
Neben der flächigen Verlegung der Dampfsperrfolie müssen auch Durchbrüche (Fensterbretter, Rohrdurchbrüche) und Anschlussstellen abgedichtet werden. Üblicherweise dienen hierzu spezielle Kleber oder Dichtungsband. Die Abdichtung von Rohrdurchbrüchen und Fenstern erfolgt am besten mit einem separaten Flansch bzw. Bahnenstreifen aus dem gleichen Material.
Installationsebene auf der Innenseite
Um die Dampfsperrschicht möglichst selten zu durchstoßen, ist gegebenenfalls die Schaffung einer separaten Installationsebene zwischen Dampfsperre und der inneren Wandverkleidung zu empfehlen, auf der sich elektrische Leitungen und Steckdosen befinden.
Der Innenabschluss: Konterlattung und Wandverkleidung
Den Innenabschluss der Konstruktion bilden eine Konterlattung sowie die Wandverkleidung. Die Lattung dient als Abstandshalter zwischen Dampfsperrfolie und der Wandverkleidung/Innenwand. Sie sorgt für eine ausreichende Luftzirkulation und verhindert somit das Absetzen von Feuchtigkeit vor der Sperre.
Fehlerquellen
Das gravierendste Problem beim Einsatz von Dampfsperren sind Dichtigkeitsmängel der Konstruktion. Diese schränken nicht nur die Dämmungsleistung ein, sondern begünstigen auch das Eindringen von Feuchtigkeit, die aus der Wandkonstruktion nicht oder nur in sehr eingeschränktem Maße entweichen kann. Fachbetriebe führen in der Regel vor der Montage der Innenwandverkleidung einen sogenannten Blower-Door-Test (ein Differenzdruckmessverfahren) durch, um die Dichtigkeit der Konstruktion zu überprüfen. Auch später muss darauf geachtet werden, dass die Dampfsperre nicht beschädigt wird, was beim Aufhängen von Bildern oder einer Wandmontage von Möbeln schnell passieren kann. Schäden an der Dampfsperre müssen möglichst umgehend durch Verklebung ausgebessert werden.
Besondere Risikobereiche
Besondere Risikobereiche für die Dichtigkeit von Dampfsperrschichten sind:
- Anschlüsse der Sperre an das verputzte Mauerwerk
- Überlappungen der Sperrfolienbahnen
- Stöße von Verkleidungsplatten
- Durchdringungen (Fenster, Balken, Ecken, Kabel, Rohre)
- Sockelanschlüsse im Erdgeschoss
Dampfsperre oder diffusionsoffene Dämmungslösung
Experten gehen inzwischen davon aus, dass wirklich optimale Dampfsperren nicht realisierbar sind. Sowohl undichte als auch zu dichte Sperrschichten können negative Folgen haben – fehlerhaft ausgeführte Dampfsperren gehören in Deutschland zu den zehn wichtigsten Baumängeln. In Hausbereichen, in denen ein wirksamer Feuchteschutz erforderlich ist, werden heute in der Regel diffusionsoffene Dampfbremsfolien eingesetzt. Sie weisen unterschiedlich stark ausgeprägte Diffusionseigenschaften auf, so dass eine Anpassung an die konkreten baulichen Gegebenheiten möglich ist. Zum Teil übernehmen diffusionsoffene und kapillaraktive Dämmstoffe auch eigenständig die Regulierung der Feuchtigkeitsbalance, sodass z.B. bei einer Innendämmung auf das Einbringen einer Sperrschicht oder Dampfbremse verzichtet werden kann.