Abwasser stürzt an den Rohrwänden in die Tiefe
Wer an das Ableiten von Abwasser denkt, hat braune Brühen vor Augen, die sich wildbachartig durch Leitungen und Rohre strömen und stürzen. Tatsächlich schmiegt sich das Abwasser in Fallrohren an die Innenwände. In der Mitte entsteht ein Hohlraum, der mit Luft gefüllt ist.
Am oberen Ende und Einlaufpunkt des Abwassers entsteht oft ein „Wasserdeckel“, der sich über den gesamten Querschnitt des Rohrs zieht. Aus dem luftgefüllten Hohlraum wird eine kolbenartige „Luftpatrone“. Diese eingeschlossene Luft (bis über dreißig Liter Luft pro Liter Abwasser) stürzt im Abwasser eingebunden nach unten und erzeugt einen sehr starken Sog.
Sog sucht sich den Weg des geringsten Widerstands zur Entladung
Die Energie der Sogwirkung, auch als negativer Druck zu benennen, sucht sich einen Weg zu entweichen. In einem geschlossenen Zirkulationssystem sind die „schwächsten“ Punkte die Geruchsverschlüsse der Abwasserleitung an den Abzapfstellen. Die Siphons mit ihren halb kreisrunden Rohrverläufen würden von dem Sog „leer gezogen“.
Damit die „Patrone“ gar nicht erst entsteht, werden am höchsten Punkt der Fallrohre Öffnungen angebracht, die normalerweise eine Abwasserentlüftung im Dach bilden. Das Einschließen der Luft innerhalb des Abwassers wird unterbunden. Dieser Effekt ist im etwas übertragenen Sinne von dem Ausgießen von Flüssigkeit aus einer Flasche vergleichbar. Langsames Gießen schräg angestellt erhält ein Luftloch im Querschnitt und die Flüssigkeit „läuft“. Beim senkrechten kopfüber ausgießen verschließt diese „Entlüftung“ und die Flüssigkeit kleckert, spritzt und sprudelt wie eine Fontäne aus der Flasche.
Bedingungen und Regeln für die Abwasserentlüftung
Folgende Bedingungen, Normen und Regeln garantieren eine passend dimensionierte Abwasserentlüftung, die Geruchsbildung und Schäden verhindert:
- Maßgebliche Basisnorm für Entwässerung innerhalb von Gebäuden ist die DIN EN 12056 mit ihren Teilbereichen eins bis fünf
- Die deutsche Norm DIN 1986-100 mit ihren Teilbereichen drei, vier, dreißig und hundert reguliert ergänzend präzisere und noch nicht europäisch festgelegte nationale Normen
- Entscheidende Bedeutung für die Effektivität einer Abwasserentlüftung ist die passende Nennweite in Abhängigkeit zum Rohrquerschnitt
- Geregelt werden die erforderlichen Gefälle bei Grund- und Sammelleitungen, durch die das Abwasser zum Hausanschluss geleiete wird
- Außer einer Hauptbelüftung sind auch Nebenlüftungen, gegebenenfalls mit Ventilen, möglich
- Ausschlaggebend für die Abwasserentlüftung der Hauptfallleitung ist neben dem Querschnitt, wie viele Einzelleitungen und Volumina pro Geschoss zugeführt werden