Kristallisation ohne Limit
Die Grundlage für die Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR) ist das permanente Auftreten von Wasser. Es löst aus ungeeignetem Kies die Kieselsäure heraus, die wiederum mit dem alkalischen Zement reagiert. Dabei entsteht eine Art Gel, das sich im Beton ausbreitet und durch Volumenausdehnung den Beton im fortgeschrittenen Stadium von innen her sprengt.
Bis heute ist es nicht möglich, von Betonkrebs betroffenen Beton zu retten. Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen beispielsweise durch Versiegelungen verzögern die chemische Reaktion, ohne sie zu unterbinden. Der Betonkrebs ist nur präventiv zu verhindern, indem ausschließlich geeigneter Kies bei der Betonherstellung verwendet wird.
Ein großes Problem stellt die eigentliche gewollte Kristallisation des Betons dar, die ihn im Laufe der Jahre härten macht. Wenn diese sogenannte puzzolanische Reaktion sich über den Zeitpunkt der optimalen Aushärtung fortsetzt, beginnt die Wirkung von Betonkrebs. Daher kann das sichtbare Aufbrechen des Betons erst nach einigen Jahren einsetzen. Wenn erste Schäden sichtbar werden, ist der Betonkrebs allerdings im Normalfall schon weit fortgeschritten und hat zersetzende „Metastasierungen“ großflächig gebildet.
Puzzolane sind Zuschlagsstoffe für den Beton, die den Kristallisationsprozess auslösen und in Gang halten. Sehr wichtig ist die exakte Dosierung, die maßgeblich die Stärke und Dauer der Alkali-Kieselsäure-Reaktion bestimmt. Die eigentliche und gewollte puzzolanische Reaktion hat keinen Einfluss auf das Volumen. Für öffentliche Großbauten wie Brücken oder Autobahnen gelten strenge Anwendungsregeln für Beton. Trotzdem treten im Straßenbau immer wieder Fälle von Betonkrebs auf.
Nässe beschleunigt die chemische Reaktion
Für den Schutz gegen Betonkrebs kann durch die Auswahl der Kiessorte und durch das Aufbringen von Versiegelungen die Ursache bekämpft werden. Die chemische Alkali-Kieselsäure-Reaktion braucht als „Antriebsmittel“ Feuchtigkeit und Nässe. Daher sind Gebäudeteile aus Beton selten betroffen, da sie regelmäßig wieder austrocknen beziehungsweise durch Heizen ausgetrocknet werden. Das ideale Milieu findet der Betonkrebs auf Straßenbelägen und Eisenbahnschwellen.
Eine weitere Vorsichtsmaßnahme gegen Betonkrebs ist die Verwendung von NA-Zement mit niedriger alkalischer Wirksamkeit. Zusätzlich kann durch das Absenken des Zementanteils im Beton der Reaktion entgegengewirkt werden. Dabei muss der Zementanteil natürlich in einem Rahmen bleiben, der die Stabilität und ein optimales Abbinden weiter ermöglichen. Neben den chemischen Vorgängen wirken auch hydraulische Kräfte bei der Betonverfestigung.
Steinsorten und Betonkrebs in Gebäuden
Der Auswahl der Steinsorten, die in den Beton gemischt werden, muss sorgfältig getroffen werden und seit 2005 gibt es eine schriftliche Niederlegung in Regelwerken, welche Steinsorten nicht in Beton verbaut werden dürfen. Dazu gehören:
- Opalsandstein
- Poröser Flint
- Kieselschiefer
- Grauwracke
- Quarzporphyr
Zu prüfen sind alle Gesteine, die keine oder eine feinkristalline Silikatstruktur enthalten.
In Gebäuden besteht eine mehr theoretische Gefahr für Betonkrebs. Zwar wird der Beton von Bodenplatten ebenfalls häufig mit aufsteigender Erdfeuchtigkeit konfrontiert, hat aber durch seine geringere dynamische Belastung ein geringeres Risiko des Entstehens der Alkali-Kieselsäure-Reaktion. Puzzolane als Zuschläge werden in diesem Bereich nicht angewendet, da die hydraulische Aushärtung und Kristallisation ausreicht.
Prüfverfahren und gesetzliche Regelungen
Die Forschung nach den Ursachen von Betonkrebs ist heute noch nicht abgeschlossen. Seit 2005 werden drei Prüfverfahren eingesetzt, um einen möglichen Befall weitestgehend auszuschließen. In der AKR-Perfomanceprüfung wird das Zusammenwirken der gewählten Bestandteile des Betons untersucht.
In der WS-Grundprüfung werden die Alkalireaktivität der verwendeten Füllgesteine und eine sowohl petrografische als auch mineralogische Analyse durchgeführt. Dafür werden drei Proben des jeweiligen Gesteins geprüft. In der abschließenden Bestätigungsprüfung werden alle Prüfschritte mit der fertigen Betonmischung wiederholt.
Sonderprüfungen werden eingesetzt, um die Reaktivität des Betons auf von außen einwirkende Substanzen wie Streusalz zu untersuchen. Da Salze die pH-Werte des alkalischen Milieus verändern, muss der Beton wiederum auf sein reaktives Verhalten durchgeprüft werden. Enteisungsmittel für Flugzeuge haben ebenfalls eine Auswirkung auf die pH-Werte. Beton im Flughafenbereich erfährt eine weitere Sonderprüfung.
Ursachenforschung und die Alkali-Richtlinie
Als gesetzliche Grundlage gilt in Deutschland die Alkali-Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton e.V.. Verbindliche Regelungen zu der Anwendung von Puzzolanen oder Normen zur Anteilshöhe von NA-Zementen gibt es noch nicht. Betonkrebs ist noch nicht erschöpfend erforscht und wird sich erst durch noch kommende Schadensfälle weiter erklären.
Im Bereich des Gebäudebaus ist Betonkrebs bisher kaum aufgetreten. Daher gehen Ingenieure und Betonexperten davon aus, dass durch das Zusammenwirken von chemischer Reaktion, ständiger Feuchtigkeit und Nässe und einer hohen mechanischen Beanspruchung die Grundlage für Betonkrebs geschaffen wird. Sowohl die Verkehrsbelastung als auch die Nässe sind in Gebäuden deutlich niedriger beziehungsweise nicht vorhanden.