Zusammensetzung und Struktur von Silikonkautschuk
Silikonkautschuk, auch als Polyorganosiloxan bekannt, besitzt eine besondere chemische Struktur. Die Hauptkette besteht aus abwechselnden Silizium- und Sauerstoffatomen (-Si-O-Si-), den Siloxanbindungen. An den Siliziumatomen sind meist Methylgruppen gebunden, aber auch Vinyl-, Phenyl- und Fluoralkylgruppen sind möglich. Diese Struktur verleiht dem Material seine speziellen Eigenschaften und unterscheidet es von anderen Elastomeren mit Kohlenstoff-Hauptketten.
Neben der Grundstruktur beeinflussen Füllstoffe und Verstärkungsmaterialien die Eigenschaften des Silikonkautschuks. Zum Beispiel erhöht feindisperses Siliziumdioxid die Festigkeit und Dimensionalstabilität. Silikonkautschuk kann für unterschiedliche Anwendungen angepasst werden, indem die Art und Menge der verwendeten Füllstoffe variiert werden.
Es gibt verschiedene Typen von Silikonkautschuk, je nach den gebundenen organischen Gruppen:
- MQ (Polydimethylsiloxan, PDMS): Hauptsächlich Methylgruppen.
- VMQ: Teilweise durch Vinylgruppen ersetzt.
- PVMQ: Teilweise durch Phenylgruppen ersetzt.
- FVMQ: Teilweise durch Fluorsubstituenten ersetzt.
Je nach Viskosität wird zwischen flüssigem (LSR) und festem (HTV) Silikonkautschuk unterschieden. LSR hat kürzere Polymerketten und ein geringeres Molekulargewicht, was bessere Fließeigenschaften ermöglicht, während HTV längere Ketten und höhere mechanische Stabilität besitzt.
Thermische Eigenschaften von Silikonkautschuk
Silikonkautschuk zeichnet sich durch hervorragende thermische Stabilität aus. Der Werkstoff kann in einem breiten Temperaturbereich von etwa -100 °C bis +260 °C eingesetzt werden und bleibt dabei sowohl flexibel als auch elastisch. Kurzfristig kann er Temperaturen bis zu 300 °C widerstehen, was seine Vielseitigkeit für extreme Anwendungen unterstreicht.
Ein bemerkenswertes Merkmal ist die Beständigkeit gegenüber niedrigen Temperaturen. Selbst bei -100 °C bleibt Silikonkautschuk elastisch, während viele andere Elastomere spröde werden. Diese Eigenschaften machen Silikonkautschuk ideal für Anwendungen, die extremen thermischen Bedingungen ausgesetzt sind.
Chemische Beständigkeit von Silikonkautschuk
Silikonkautschuk ist für seine hohe chemische Beständigkeit bekannt. Er widersteht Umwelteinflüssen wie UV-Licht, Ozon und Sauerstoff und bleibt dabei stabil. Auch viele Chemikalien und oxidierende Substanzen beeinträchtigen seine Eigenschaften nicht.
Die Beständigkeit gegenüber spezifischen Chemikalien variiert jedoch:
- Benzin: gering
- Mineralöl bei 100 °C: gut bis befriedigend
- Säuren (z.B. 25%ige Schwefelsäure bei 50 °C): befriedigend
- Laugen (z.B. 50%ige Natronlauge bei 50 °C): mäßig geeignet
- Wasser bei 100 °C: sehr gut
Die Kombination aus Füllstoffen und organischen Gruppen kann die chemische Beständigkeit des Silikonkautschuks gezielt beeinflussen. Seine Alterungs- und Witterungsbeständigkeit sowie seine Wasserabweisung liefern zusätzliche Vorteile, besonders für Anwendungen im Außenbereich.
Mechanische Eigenschaften von Silikonkautschuk
Die mechanischen Eigenschaften von Silikonkautschuk machen ihn vielseitig einsetzbar. Die Shore-Härte variiert zwischen 30 und 85 Shore A und die Reißdehnung reicht von 100 % bis zu 600 % durch geeignete Füllstoffe und Verstärkungsstoffe:
- Reißfestigkeit: Gute Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Belastungen.
- Weiterreißwiderstand: Belastbar in anspruchsvollen Umgebungen.
- Rückprallelastizität: Schnelle Rückkehr zur ursprünglichen Form nach Deformation.
- Abriebwiderstand: Gering, daher begrenzte Eignung bei kontinuierlicher Reibung.
Silikonkautschuk behält seine mechanischen Eigenschaften über einen weiten Temperaturbereich von -60 °C bis +180 °C nahezu konstant bei.
Elektrische Eigenschaften von Silikonkautschuk
Silikonkautschuk bietet exzellente elektrische Isoliereigenschaften. Diese Eigenschaften machen ihn ideal für viele elektrische und elektronische Anwendungen:
- Geringe elektrische Leitfähigkeit: Effektiver Schutz vor Kurzschlüssen.
- Hohe Durchschlagsfestigkeit: Widersteht hohen Spannungen.
- Thermische Stabilität: Beibehaltung der Isoliereigenschaften bei extremen Temperaturen.
Diese Eigenschaften ermöglichen den Einsatz von Silikonkautschuk in Produkten wie Kabelisolierungen, Dichtungen und Beschichtungen von Leiterplatten. Er kann auch durch Zugabe von leitfähigen Materialien angepasst werden.
Weitere Eigenschaften von Silikonkautschuk
Silikonkautschuk ist wasserabweisend und bleibt bei extremen Wetterbedingungen stabil, was ihn ideal für Außenanwendungen macht. Seine hohe Gasdurchlässigkeit ist in spezifischen industriellen Anwendungen, wie der Begasung von Flüssigkeiten, von Vorteil. Zudem ist Silikonkautschuk umweltfreundlich, da er keine schädlichen Emissionen freisetzt und physiologisch unbedenklich ist. Diese Materialeigenschaften sind besonders wertvoll für die Herstellung präziser Formteile und Dichtungen.
Anwendungsgebiete von Silikonkautschuk
Dank seiner vielseitigen Eigenschaften findet Silikonkautschuk in zahlreichen Industrien Anwendung:
Automobilindustrie
Silikonkautschuk wird in der Automobilindustrie für Dichtungen und Schläuche sowie Isolierungen von Kabeln und Zündkerzensteckern verwendet.
Medizin- und Pharmaindustrie
Die biokompatiblen Eigenschaften machen Silikonkautschuk ideal für Implantate, medizinische Geräte und Hilfsmittel.
Lebensmittelindustrie
In der Lebensmittelverarbeitung wird Silikonkautschuk wegen seiner chemischen Neutralität und hohen Temperaturbeständigkeit verwendet, etwa für Backformen und Küchengeräte.
Bauindustrie
Silikonkautschuk dient als Fugendichtstoff und Beschichtungsmaterial im Baugewerbe.
Elektronik und elektrische Anwendungen
Er wird für Kabelisolierungen und als Schutz für elektronische Bauteile vor Feuchtigkeit und mechanischer Belastung eingesetzt.
Luft- und Raumfahrt
In der Luft- und Raumfahrtindustrie wird Silikonkautschuk für Dichtungen und Isolatoren verwendet, die extremen Temperatur- und Druckverhältnissen standhalten müssen.
Konsumgüter
Auch im täglichen Leben findet Silikonkautschuk vielfältige Anwendungen, von Sportbekleidung bis zu elektronischen Konsumgütern.
Verarbeitung von Silikonkautschuk
Die Verarbeitung von Silikonkautschuk kann durch verschiedene Verfahren erfolgen, die je nach Materialtyp und Anforderung gewählt werden:
Spritzguss
Ideal für große Stückzahlen und komplexe Formen. Das Material wird in eine Form eingespritzt und vulkanisiert.
Extrusion
Eignet sich für kontinuierliche Profile wie Schläuche und Dichtungen. Das Material wird durch eine Düse gepresst und vulkanisiert.
Formpressen
Wird für größere und massivere Bauteile verwendet. Festsilikonkautschuk wird in vorgeheizte Formen gepresst und unter Druck vulkanisiert.
Transfer-Molding
Das Material wird in eine Kammer gefüllt und unter Druck in die Form gepresst und dort vulkanisiert, ideal für komplexe und filigrane Bauteile.
Vernetzung und Härten
Die Aushärtung kann durch additionsvernetzende Systeme oder peroxidische Systeme erfolgen, abhängig vom verwendeten Material und den spezifischen Anforderungen.
Lagerung von Silikonkautschuk
Silikonkautschuk sollte zur Erhaltung seiner Qualität unter bestimmten Bedingungen gelagert werden:
- Geschlossene Gebinde: Schutz vor Schmutz und Feuchtigkeit.
- Temperaturkontrolle: Lagertemperaturen zwischen 0 und 30 °C.
- Sonnenschutz: Vermeidung direkter Sonneneinstrahlung.
- Separater Lagerplatz: Trennung von organischem Kautschuk und Vernetzungschemikalien.
Bei sachgemäßer Lagerung ist Silikonkautschuk bis zu zwölf Monate haltbar. Überlagerter Silikonkautschuk kann durch Replastizieren auf einem Walzwerk oder durch Zugabe von Mastizierhilfen wiederverarbeitbar gemacht werden.