Erzeugt wird XPS aus Styrol (Phenylethen) – einem niedermolekularer (monomeren) ungesättigten Kohlenwasserstoff, der durch eine chemische Reaktion aus Ethylbenzol entsteht und gute Polymerisationseigenschaften, also die Fähigkeit, große Moleküle auszubilden, aufweist. Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts beobachteten Chemiker, dass ursprünglich flüssiges Styrol bei längerer Standzeit eindickt und beschrieben diesen Vorgang als Polymerisationsprozess. Der dabei entstehende Stoff wurde von ihnen als Polystyrol bezeichnet.
Historischer Überblick: Polystyrol als Industrieprodukt
Der deutsche Chemiker Herrmann Staudinger – Begründer der makromolekularen Chemie und Nobelpreisträger – lieferte in den 1920er Jahren grundlegende Erkenntnisse zur Entstehung und Struktur von Polymeren, was die Voraussetzungen für die industrielle Produktion dieser Stoffe schuf. Polystyrol wurde seit 1931 im IG Farben Werk in Ludwigshafen industriell erzeugt. Die Produktion von Hartschäumen aus Polystyrol („Styropor“) begann im Jahr 1949. Das deutsche Patent dafür hat die BASF seit 1950 inne, in den USA erfolgte durch den Konzern Dow Chemical eine ebenfalls patentierte Parallelentwicklung. Heute gehört Polystyrol zu den Standardkunststoffen, in der Produktionsrangfolge liegt es nach Polyethylen, Polypropylen und PVC weltweit auf dem vierten Platz. Für Polystyrol gibt es vielfältige Einsatzfelder – verwendet wird es beispielsweise für Verpackungen, als Isolationsmaterial sowie zur Wärmedämmung.
XPS und EPS: Polystyrol in der Wärmedämmung
Die beiden Dämmstoffe XPS und Styropor/EPS sind eng verwandt. Beide Materialien bestehen aus extrudierbarem Polystyrol und kommen als sogenannte Hartschäume in den Handel. XPS wird durch Extrusion erzeugt, für die Produktion von EPS werden die Perlen des Polystyrol-Granulats dagegen expandiert und danach in einem thermischen Prozess verschweißt.
Identische Wärmedämmungsfähigkeit, unterschiedliche Konsistenz
XPS und Styropor/EPS weisen nahezu identische Wärmedämmungsfähigkeiten auf, ihre sonstigen Materialeigenschaften sind dagegen unterschiedlich. XPS-Dämmplatten besitzen eine homogene Struktur mit einer stark geschlossenen Porenstruktur, aus der unter anderem die Robustheit und die Feuchtigkeitsresistenz dieses Dämmstoffs resultieren. Anders als XPS wird EPS auch in elastischen Qualitäten – beispielsweise in Form abrollbarer und kaschierter Bahnen – oder als Schüttdämmung verwendet. XPS verfügt über eine höhere Druckstabilität und größere Feuchteunempfindlichkeit als EPS.
XPS als Wärmedämmstoff: Exzellente Wärmedämmung, hohe Belastbarkeit, flexibler Einsatz
XPS ist heute ebenso wie EPS sowie PUR/PIR ein etablierter synthetischer Wärmedämmstoff. Sein Marktanteil liegt bei etwa 6 %. Das Material ist feuchtigkeitsresistent, druckfest und insgesamt stark belastbar. Verwendet wird es jedoch vor allem dort, wo die Wärmedämmung des Gebäudes größere Belastungen verkraften muss. Klassische Einsatzfelder sind beispielsweise Flachdachdämmungen und Perimeterdämmungen. Aufgrund des relativ günstigen Preises ist mit XPS eine wirtschaftliche Wärmedämmung möglich.
Tabelle 1: Die Eigenschaften von XPS im Überblick
Wärmeleitfähigkeit | 0,035 – 0,045 W/mK |
---|---|
Baustoffklasse | Alt: B1, B2 (schwer oder normal entflammbar), neu: E (ohne Flammschutz normal entflammbar) |
minimale Dämmdicke gemäß EnEV 2014 | 14 cm |
Rohdichte | 25 – 45 kg/m3 |
Preis pro m2 | 18 – 30 EUR |
Welche Substanzen sind in XPS enthalten?
Die Rohstoffe für XPS sind Erdöl oder Erdgas. Aus diesen wird in mehreren Arbeitsschritten Polystyrol erzeugt. XPS-Dämmelemente bestehen zu 98 % aus Luft und nur zu 2 % aus Polystyrol. Der Extrusionsmasse werden außerdem Treibmittel (CO2, Ethanol) und Flammschutzmittel (Hexabromcyclododekan, HBCD) zugesetzt. Ältere XPS-Dämmungen können als Treibmittel auch Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW) enthalten, deren Verwendung durch EU-Recht inzwischen jedoch grundsätzlich verboten ist.
Wie wird XPS hergestellt?
Für die Produktion von XPS wird extrudierbares Polystyrolgranulat in einem Extruder aufgeschäumt, durch eine Breitschlitzdüse gepresst und zu starren, harten Platten geformt. Durch die Extrusion entsteht auf der Oberfläche der Platten eine glatte Schäumhaut, die entweder darauf verbleibt oder mechanisch entfernt wird, um eine bessere Haftfähigkeit – beispielsweise für Putz oder Mörtel – zu erzielen. Neben glatten Dämmplatten werden auch XPS-Platten mit Rillen oder anderen speziellen Oberflächenprägungen hergestellt. Durch die Extrusion entsteht in den Dämmelementen eine große Anzahl kleiner, geschlossener Zellen, die für die geringe Wärmeleitfähigkeit, die Feuchtigkeitsunempfindlichkeit sowie die allgemeine Robustheit dieses Dämmstoffs sorgen.
Wie kommen XPS Dämmelemente in den Handel?
In den Handel kommt XPS ausschließlich in Plattenform. Handelsübliche XPS-Dämmplatten haben eine Dicke zwischen 20 und 200 mm. Sie werden mit differenzierten Belastungseigenschaften angeboten. Der Preis von XPS liegt zwischen 18 und 30 Euro pro m2. Die Kosten der Wärmedämmung mit XPS sind damit etwas höher als für Dämmungen mit Mineralwollen (Stein- und Glaswolle) oder EPS, die pro m2 jeweils 10 bis 20 respektive 5 bis 20 Euro kosten.
Einzelplatten, Verbundbaustoffe, WDVS
Neben Einzelplatten werden auch unterschiedliche WDVS auf XPS-Basis produziert. XPS kommt hier vor allem in Form von Verbundbaustoffen zum Einsatz, um die hohe Wärmedämmungsleistung dieses Dämmstoffs mit den besseren Schall- und Hitzeschutzfähigkeiten sowie den Brandschutzeigenschaften anderer Materialien zu kombinieren. Verbundwerkstoffe auf XPS-Basis gibt es außerhalb der Systemlösungen auch als Einzelelemente, bei denen sogenannte Sandwichplatte mit XPS-Kern beidseitig mit einem anderen Material beschichtet wird.
Hersteller von XPS-Dämmplatten
XPS-Dämmplatten werden von zahlreichen Baustoffproduzenten hergestellt, bekannte Unternehmen sind beispielsweise die BASF („Styrodur“), Austrotherm, Dow Chemical und Ursa. WDVS auf XPS-Basis kommen ebenfalls von diesen, jedoch auch zahlreichen anderen Produzenten.
Über welche bauphysikalischen Eigenschaften verfügt XPS?
Moderne Dämmstoffe besitzen eine Wärmeleitfähigkeit (? – Lambda) von weniger als 1 W/mK (Watt pro Meter x Kelvin). Bei XPS liegt dieser Wert zwischen 0,035 – 0,045 W/mK – extrudiertes Polystyrol besitzt also nur eine geringe Wärmeleitfähigkeit und damit hervorragende Dämmungseigenschaften. Die Wärmedämmungsleistung von XPS, EPS und Mineralwollen ist im Übrigen weitgehend identisch. Deutlich leistungsstärker ist unter den handelsüblichen Dämmstoffen mit einer Wärmeleitfähigkeit zwischen 0,02 und 0,025 W/mK lediglich PUR/PIR. Die exzellente Dämmungsfähigkeit von XPS ergibt sich ebenso wie bei den anderen synthetischen Dämmstoffen EPS und PUR/PIR aus der geschlossenen Zellstruktur, durch die diese Materialien bereits bei geringen Dicken einen einen hohen Wärmedurchlasswiderstand besitzen.
Geringe Hitze- und Schallschutzfähigkeiten
XPS verfügt nur über limitierte Hitze- und Schallschutzeigenschaften, die sich durch Verbundbaustoffe – beispielsweise durch sogenannte Sandwichplatten und/oder die Integration in Wärmedämmungsverbundsysteme (WDVS) – jedoch optimieren lassen.
Geringe Diffusionsoffenheit
Zwar ist XPS ein vom Grundsatz her diffusionsoffener Dämmstoff, mit Werten zwischen 80 und 200 ?
ist der Wasserdampfdiffusionswiderstand des Materials jedoch recht hoch. Zum Vergleich: Kalziumsilikatplatten werden immer dann zur Wärmedämmung eingesetzt, wenn die Dämmschicht gleichzeitig eine nachhaltige Feuchtigkeitsregulierung bewirken soll. Sie verfügen über einen Wasserdampfdiffusionswiderstand zwischen 5 und 20 ?, damit sind sie ein hochgradig diffusionsoffener und kapillaraktiver Dämmstoff.
Limitierte Feuersicherheit
Wie alle anderen synthetischen Dämmstoffe ist XPS grundsätzlich brennbar. Es schmilzt bei Temperaturen zwischen 100 und 125 °C, bei Temperaturen ab 300 °C zersetzt es sich. Der Flammpunkt des dann entstehenden Styrols liegt bei nur 31 °C. Brennendes XPS setzt toxische Gase, darunter Dioxine, frei. Langfristig temperaturbeständig ist XPS bis zu einer Grenze von etwa 85 °C.
Tabelle 2: XPS und andere Wärmedämmstoffe im Vergleich
Dämmstoffe | Wärmeleitfähigkeit (W/mK) | Mindestdämmdicke laut EnEV (cm) | Kosten pro m2 (Euro) |
---|---|---|---|
XPS | 0,035 – 0,045 | 14 | 18 – 30 EUR |
Styropor/EPS | 0,035 – 0,045 | 14 | 5 – 20 EUR |
PUR/PIR | 0,02 – 0,025 | 10 | 10 – 20 EUR |
Glaswolle | 0,032 – 0,040 | 14 | 10 – 20 EUR |
Kalziumsilikatplatten | 0,065 | 20 | 80 EUR |
DIN-Normen, Baustoffklassen, EnEV
Durch die EU-Norm DIN EN-13501-1 ordnet XPS der Baustoffklasse E (ohne speziellen Flammschutz normal entflammbar) zu, nach der alten nationalen Norm gehört es zu den Baustoffklassen B1 oder B2 (schwer oder normal entflammbar). Den durch die Energieeinsparverordnung (EnEV) 2014 vorgeschriebenen Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) von 0,24 W/(m²K) erreicht XPS ebenso wie Mineralwollen und EPS mit einer Mindestdämmdicke von 14 cm.
Einsatzgebiete von Wärmedämmungen mit XPS
Die Hauptanwendungsgebiete von XPS liegen in Bereichen, in denen die Dämmschicht durch mechanische Einflüsse sowie Witterung und Feuchtigkeit stark belastet wird. Einsatzgebiete von XPS sind beispielsweise:
- Perimeterdämmung: Die Perimeterdämmung ist eines der wichtigsten Einsatzbereiche von XPS. Sie erfolgen zur Wärmedämmung erdberührender Bereiche an der Außenseite des Gebäudes – Perimeterdämmungen sind somit ein Spezialbereich der Kellerdämmung, bei nicht unterkellerten Gebäuden werden sie als Bestandteil der Fassadendämmung vorgenommen. Unter der Erde – also bei permanenter Feuchtigkeit und unter großem Druck – spielt XPS seine Vorzüge auf optimale Weise aus. Bei nicht unterkellerten Gebäuden wird die XPS-Dämmung im Rahmen der Perimeterdämmung beispielsweise unter der Fundamentplatte verlegt. Zum Teil werden für Perimeterdämmungen XPS-Platten verwendet, die Drainage-Funktionen übernehmen können. Zudem schützen Perimeterdämmungen aus XPS die Bauabdichtung gegen mechanische Beschädigungen und erfüllen damit die Vorgaben der DIN-Norm 18195.
- Flachdachdämmung: Für Flachdachdämmungen ist XPS vor allem dann ein präferiertes Material, wenn die Dämmung außerhalb der Dachabdichtung liegt, die dann durch den Dämmstoff vor mechanischen und thermischen Einwirkungen geschützt wird. Bei begrünten Flachdächern sorgt XPS auch bei permanenter Feuchtigkeitseinwirkung für eine zuverlässige Wärmedämmung. Mit XPS-Dämmplatten können – in der Regel im Rahmen von WDVS – auch sogenannte Umkehr-Dachdämmungen vorgenommen werden, bei denen die Wärmedämmung anders als bei konventionellen Flachdächern über der Dachhaut erfolgt.
- Dachdämmung: Durch sein niedriges Gewicht, Feuchtigkeitsunempfindlichkeit und hohe Biegefestigkeit eignet sich XPS auch zur Steildachdämmung. In diesem Bereich kommt es vor allem als zusätzliche Aufsparrendämmung zum Einsatz. Je nach Konstruktion kann eine solche Zusatzdämmung nötig sein, um die Anforderungen der EnEV zuverlässig zu erfüllen. Zudem schließen Aufsparrendämmungen die Bildung von Wärmebrücken wirksam aus.
- Fußbodendämmung: Für Fußbodendämmungen findet XPS vor allem dann Verwendung, wenn die Fußbodenkonstruktion stark belastet werden soll. Durch seine hohe Druckfestigkeit, sein zähelastisches Verhalten sowie die Fähigkeit, auf Dauer hohe Spannungen aufzunehmen, ist XPS hierfür hervorragend geeignet.
- Verschließen von Wärmebrücken: Bei Konstruktionen, bei denen die Bildung von Wärmebrücken wahrscheinlich ist – beispielsweise bei Betondecken, deren Bauteile bis in Außenbereiche reichen – verhindert eine XPS-Dämmung die Wärmebrückenbildung.
- Verbundwerkstoffe (Sandwichplatten mit XPS-Kern) und WDVS.
Vorteile der Wärmedämmung mit XPS
Vorteile einer Wärmedämmung mit XPS sind:
- Hervorragende Wärmedämmungseigenschaften.
- Wirtschaftlicher Materialeinsatz durch die geringe Mindestdämmdicke.
- Robustheit und Belastbarkeit: XPS-Dämmplatten sind wasserabweisend, resistent gegen einen Befall mit Schimmel oder Ungeziefer und verrotten nicht. Sie sind dauerhaft belastbar sowie druck und formstabil. Durch ihre zähelastische Konsistenz sind sie in der Lage, hohe Spannungen aufzunehmen.
- Geringes Gewicht: Durch ihr geringes Gewicht sind XPS-Dämmplatten auch für gewichtssensible Konstruktionen gut geeignet. Während des Bauprozesses ermöglicht es ein einfaches Handling der Platten.
- Eignung für Spezialanwendungen: Durch seine Materialeigenschaften ist XPS vor allem für Spezialanwendungen sehr gut geeignet.
Nachteile einer XPS-Wärmedämmung
Nachteile der Wärmedämmung mit PUR/PIR sind:
- Herstellung auf Erdölbasis: Ebenso wie die anderen synthetischen Dämmstoffe (EPS, PUR/PIR) hat XPS im Vergleich zu organischen und mineralischen Materialien zur Wärmedämmung eine ungünstige Energiebilanz. Zudem wird es aus nur begrenzt vorhandenen natürlichen Ressourcen produziert.
- Sehr geringe Wärme- und Schallschutzeigenschaften
- Brennbarkeit/limitierte Feuersicherheit.
- Toxische Emissionen im Brandfall.
Wie wird XPS bearbeitet?
Zur Bearbeitung von PUR/PIR Dämmelementen sind keine speziellen Werkzeuge erforderlich. Die Platten oder Blöcke lassen sich problemlos mit üblichen Holzwerkzeugen schneiden, bohren oder fräsen. Anders als bei PUR/PIR kann bei XPS auch ein Heißdrahtschnitt mit einem speziellen Schneidegerät vorgenommen werden. Die Befestigung der XPS-Dämmplatten kann durch Klammern, Dübel oder das Kleben mit Spezialklebern erfolgen. Für die Verbindung der Dämmelemente untereinander gibt es auch steckbare Varianten.
Rückbau, Recycling, Entsorgung
Bei einer Klammerung oder Dübelung ist der Rückbauaufwand für eine XPS-Dämmung gering, bei Klebungen dagegen hoch. Ein Recycling der Platten ist nicht möglich. Die fachgerechte Entsorgung von XPS erfolgt durch kontrollierte Verbrennung oder auf der Baustoffdeponie.
Gesundheitliche Unbedenklichkeit und Arbeitsschutz
Von den Herstellern wird die gesundheitliche Unbedenklichkeit von XPS-Dämmungen hervorgehoben, von Umwelt- und Baustoffexperten wird zum Teil jedoch zumindest von einer Verwendung in Innenräumen abgeraten. Zum einen enthält XPS geringe Mengen nicht polymerisierten Styrols enthalten, das zunächst noch an die Umgebung abgegeben wird und gesundheitsschädlich wirken kann, zum anderen hat das Flammschutzmittel HBCD toxische und bioakkumulierende (sich im Körper anreichernde) Eigenschaften. Bei der Verarbeitung von XPS kann es zu Belastungen durch Styrol und Feinstaub kommen. Arbeitsschutzvorschriften wie das Tragen einer Atemmaske sind vor allem bei einem regelmäßigen und professionellen Umgang mit diesem Material daher dringend einzuhalten.