Ursprünglich wurden Kalziumsilikatplatten für die Verwendung in der technischen Wärmedämmung sowie als Brandschutz-Bauelement entwickelt. Die Grundstoffe für ihre Herstellung sind poröse Kalziumsilikate und Zellulose. Kalziumsilikatplatten sind nicht brennbar, druckfest und formstabil. Ihre Dämmungsfähigkeit ist im Vergleich zu zahlreichen anderen Dämmstoffen limitiert, aufgrund ihrer hochgradig diffusionsoffenen und kapillaraktiven Struktur eigenen sie sich jedoch hervorragend zur Feuchtigkeitsregulierung. Der vergleichsweise hohe pH-Wert der Platten (>12) sorgt für weitgehende Schimmelresistenz. Außerdem verfügen Kalziumsilikatplatten über gute Schall- und Wärmeschutzeigenschaften.
Kalziumsilikatplatten – vor allem für die Altbausanierung wichtig
Durch die Kombination der Platten mit anderen Dämmstoffen sowie durch die Verwendung in Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) lassen sich die Wärmedämmung und die Feuchtigkeitsbalance eines Gebäudes optimieren. Klassische Einsatzfelder von Kalziumsilikatplatten sind Altbausanierungen sowie die Innendämmung von Außenwänden, die vor allem in denkmalgeschützten Gebäuden sowie in Fachwerkhäusern eine Rolle spielt. In Neubauten finden sie vor allem als Kombi-Baustoff oder als Komponente von WDVS Verwendung.
Tabelle 1: Die Eigenschaften von Kalziumsilikatplatten im Überblick
Wärmeleitfähigkeit | 0,065 W/mK |
---|---|
Baustoffklasse | A1 (nicht brennbar) |
minimale Dämmdicke gemäß EnEV 2014 | 24 cm |
Rohdichte | 200 – 800 kg/m3 |
Preis pro m2 | 80 EUR |
Aus welchen Rohstoffen werden Kalziumsilikatplatten hergestellt?
Kalziumsilikatplatten sind ein vorwiegend mineralischer Baustoff, der aus Kalk (Kalziumoxid), Sand (Siliziumoxid), Wasserglas (verschiedenen Silikaten) sowie einem geringen Anteil an Zellulosefasern besteht. Weitere Grundstoffe, synthetische Zusätze oder Imprägnierungen sind für die Produktion der Platten nicht erforderlich.
Wie werden Kalziumsilikatplatten produziert?
Die Ausgangsstoffe für die Platten werden mit Wasser aufgeschlämmt, dabei reagieren sie zu Kalziumsilikat. Anschließend wird diese Masse zu Platten aufgegossen, durch Wasserdampf gehärtet und getrocknet. Während des Trocknungsprozesses bilden die kristallinen Strukturen der Platte feine Poren aus, durch die einerseits das Wasser der Ausgangsmasse entweichen kann und die andererseits die Grundlage der Kapillarität des Dämmstoffs bilden. Eigenschaften wie Dichte, Kapillarität und Festigkeit der Platten lassen sich während des Produktionsprozesses regulieren.
Wie kommen Kalziumsilikatplatten in den Handel?
Die Dicke handelsüblicher Kalziumsilikatplatten beträgt 20 bis 120 mm. Mit einem Preis von 80 EUR pro m2 ist dieser Dämmstoff nicht ganz günstig. Zum Vergleich: Stein- und Glaswolle, die auf dem deutschen Dämmstoffmarkt zusammen einen Anteil von über 60 % halten, kosten zwischen 10 und 20 EUR pro m2. Eine großflächige Verwendung erscheint auf den ersten Blick als nicht rentabel – in der Praxis können die bauphysikalischen Vorteile der Platten im Hinblick auf die Feuchtigkeitsregulierung des Gebäudes die vergleichsweise hohe Investition in diesen Dämmstoff jedoch kompensieren.
Einzelplatten, WDVS, Verbundbaustoffe
Neben Einzelplatten, die zur Wärmedämmung gegebenenfalls in mehreren Lagen Verwendung finden, gibt es WDVS auf Kalziumsilikat-Basis, die vor allem im Fertighausbau zum Einsatz kommen. Auch außerhalb von WDVS, für die spezielle baurechtliche Anforderungen gelten, kommen die Platten oft in Form von Verbundbaustoffen in den Handel. Dabei wird ein Dämmkern aus einem stark dämmenden Material zwischen zwei Kalziumsilikatplatten fixiert. Für spezielle Anwendungsbereiche wird Kalziumsilikat auch als Schüttgut angeboten.
Hersteller von Kalziumsilikatplatten
Kalziumsilikatplatten haben zahlreiche deutsche und europäische Baustoffproduzenten im Programm. Bekannte Hersteller sind beispielsweise Rockwool, Calsitherm, Promat und Epasit. Systemlösungen kommen unter anderem von Brillux sowie von Rockwool, einem der führenden Anbieter von Dämmstoffen auf dem internationalen Markt.
Welche bauphysikalischen Eigenschaften haben Kalziumsilikatplatten?
Moderne Dämmstoffe verfügen über eine Wärmeleitfähigkeit (? – Lambda) unter 1 W/mK (Watt pro Meter x K). Mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,065 W/mK liegen Kalziumsilikatplatten hier allenfalls im unteren Mittelfeld. Zum Vergleich: Mineralwollen (Stein- und Glaswolle) besitzen bei einem deutlich niedrigerem Preis eine Wärmeleitfähigkeit zwischen 0,32 und 0,40 W/mK, die synthetischen Dämmstoffe PUR & PIR ermöglichen mit Werten zwischen 0,02 und 0,0255 W/mK eine nochmals deutlich höhere Dämmungsleistung. Allerdings verfügen sie in deutlich geringerem Maße über die feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften von Kalziumsilikat. Durch die Verwendung als Verbundbaustoff und in WVDS lässt sich die Dämmungswirkung von Kalziumsilikatplatten deutlich steigern.
Gute Wärme- und Schallschutzeigenschaften
Die spezifische Wärmekapazität c ist eine Stoffkonstante, aus der hervorgeht, wieviel Wärmeenergie benötigt wird, um die Temperatur eines Baustoffs um 1 K zu erhöhen. Materialien mit hohen Wärmekapazitäten besitzen gute Wärmeschutzeigenschaften, da sie den Durchfluss von Wärmeenergie verzögern. Mit einer Wärmekapazität von 1.000 J/(kg?K) eignen sich Kalziumsilikatplatten gut als Hitzeschutz und sind damit Mineralwollen der Tendenz nach und den meisten synthetischen Dämmstoffen (Styropor/EPS oder PUR & PIR) sehr deutlich überlegen. Daneben verfügen die Platten auch über gute schallisolierende Eigenschaften.
Ausgezeichnete Brandschutzeigenschaften
Als überwiegend mineralischer Baustoff verfügt Perlite über hervorragende Brandschutzeigenschaften und trägt damit zur Aufwertung von Gebäuden mit dieser Dämmung bei. Das Material ist nicht brennbar, seine Schmelztemperatur liegt zwischen 1.200 und 1.500 °C.
Tabelle 2: Kalziumsilikatplatten und andere Wärmedämmstoffe im Vergleich
Dämmstoffe | Wärmeleitfähigkeit (W/mK) | Mindestdämmdicke laut EnEV (cm) | Kosten pro m2 (Euro) |
---|---|---|---|
Kalziumsilikatplatten | 0,065 | 20 | 80 EUR |
Perlite | 0,04 – 0,07 | 20 | 20 – 45 EUR |
Blähton | 0,1 – 0,18 | 72 | 18 EUR/50 l |
Glaswolle | 0,032 – 0,040 | 14 | 10 – 20 EUR |
Steinwolle | 0,035 – 0,040 | 14 | 10 – 20 EUR |
Styropor/EPS | 0,035 – 0,045 | 14 | 5 – 20 EUR |
DIN-Normen, Baustoffklassen, EnEV
Durch die EU Norm DIN EN-13501-1 werden Kalziumsilikatplatten der Baustoffklasse A1 zugeordnet und damit als nicht brennbarer Baustoff eingestuft. Für beschichtete Platten können andere Klassifikationen gelten, in der Regel wird es sich dabei um eine A2-Einstufung als nicht brennbares Material mit leichten Anteilen brennbarer Komponenten handeln. Den durch die Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) vorgegebenen Wärmedurchgangskoeffizienten von W/(m²K) erreichen Kalziumsilikatplatten mit einer Mindestdämmdicke von 24 cm. Aufgrund der handelsüblichen maximalen Dicke von 120 mm muss eine Wärmedämmung mit Kalziumsilikatplatten somit mehrlagig erfolgen.
Einsatzgebiete für Kalziumsilikatplatten
Kalziumsilikatplatten sind ein Spezialstoff zur Wärmedämmung und werden vorwiegend in den folgenden Bereichen verwendet:
- Innendämmung von Außenwänden: Diese Form der Wärmedämmung wird immer dann angewendet, wenn eine Außendämmung nicht in Frage kommt. Der Hauptgrund dafür sind denkmalpflegerische Erfordernisse – bei denkmalgeschützten Gebäuden ist in der Regel keine Außendämmung möglich, da an der Fassade nicht einmal Details verändert werden dürfen.
- Innendämmung mit Brandschutz. Durch ihre exzellenten Brandschutzeigenschaften eignen sich Kalziumsilikatplatten für Dämmanforderungen in Gebäuden, in denen gleichzeitig eine besonders hohe Feuersicherheit gewünscht wird.
- WDVS.
Exkurs: Besonderheiten der Innendämmung von Außenwänden
Eine Innendämmung von Außenwänden ist aus Sicht von Dämm-Experten grundsätzlich nur die zweitbeste Lösung. In Frage kommt sie aus Gründen des Denkmalschutzes, aber auch bei besonders wirtschaftlichen Sanierungen sowie bei Teilsanierungen von Gebäuden. Das Entstehen von Kondenswasser lässt sich bei der Innendämmung von Außenwänden nicht komplett verhindern. Eine wesentliche Rolle spielen hier sogenannte Wärmebrücken – Bereiche an den Außenwänden, die durch ihren geringeren Wärmedurchlasswiderstand stärkere Wärmeabflüsse und damit die Kondensierung feuchter Luft befördern können. Typisch sind Wärmebrücken beispielsweise für die Umgebung von Türen und Fenstern, Rohraustrittsstellen oder Zimmerecken an der Außenwand. Zudem können an der Innenseite der Gebäudehülle sehr niedrige Temperaturen herrschen, da die Dämmschicht die raumseitige Erwärmung der Außenwand verhindert. Bei feucht-warmer Außenluft und kühlerer Raumluft kann sich Kondenswasser durch Umkehrdiffusion auch im Sommer bilden.
Welche Feuchtigkeitsregulierung muss eine Innendämmung an Außenwänden leisten?
Negative Folgen für die Bausubstanz hat eine Innendämmung an Außenwänden dann, wenn sich das Kondenswasser zwischen der Wand und der innenliegenden Dämmschicht niederschlägt. Die Dämmung muss dafür sorgen, dass die Feuchtigkeit nicht in der Wand gespeichert wird und diese mit der Zeit durchfeuchtet. Solange die Feuchtigkeit durch die Dämmschicht und die Wand nach außen diffundieren kann, sind mit der Bildung von Kondenswasser keine Probleme für die Bausubstanz und das Klima innerhalb des Hauses verbunden. Dafür ist es jedoch nötig, dass der Taupunkt der feuchten Luft nicht in der Außenwand oder zwischen Wand und Dämmung, sondern innerhalb der Dämmschicht liegt.
Vorteile der Wärmedämmung mit Kalziumsilikatplatten
Vorteile einer Wärmedämmung mit Kalziumsilikatplatten sind:
- Die hochgradig diffusionsoffene, kapillaraktive Materialstruktur: Kalziumsilikatplatten sind in der Lage, größere Mengen an Feuchtigkeit aufzunehmen, weiträumig in den Kapillaren des Dämmstoffs zu verteilen und nach außen abzutransportieren.
- Optimierung des Taupunkts: Durch die wärmedämmenden Eigenschaften der Platten erhöht sich die Temperatur an den Innenseiten der Außenwände, was die Gefahr der Tauwasserbildung verringert bzw. im Zusammenwirken mit diversen Materialparametern (Dämmdicke, Kapillarität, Wasseraufnahmevermögen, Diffusionseigenschaften) dafür sorgt, dass der Taupunkt zuverlässig in der Dämmschicht liegt und somit an der Bausubstanz keine Schäden durch Kondenswasser entstehen.
- Verzicht auf eine Dampfsperre oder Dampfbremse: Durch die gute Feuchtigkeitsregulierung aufgrund der kapillaraktiven Wirkung ist bei der Dämmung mit Kalziumsilikatplatten keine Dampfbremse erforderlich (und aus bauphysikalischen Gründen auch nicht erwünscht).
- Resistenz gegen Schimmelbildung: Der alkalische Dämmstoff ist weitgehend resistent gegen Schimmelbildung und schützt auch Holzkonstruktionen – beispielsweise in Fachwerkhäusern – wirksam gegen Pilzbefall.
- Robustheit: Kalziumsilikatplatten sind wasser- und witterungsbeständig sowie druck- und formstabil. Sie können nicht von Ungeziefer befallen werden und verrotten nicht.
- Feuersicherheit sowie guter Schall- und Wärmeschutz.
- Umweltfreundlichkeit: Kalziumsilikatplatten werden aus natürlichen Materialien ohne synthetische Zusätze hergestellt. Als sortenreiner Dämmstoff sind sie komplett recyclingfähig und können dann beispielsweise als Ausgangsstoff für Kalziumsilikatschüttungen dienen.
Nachteile einer Dämmung mit Kalziumsilikatplatten
Nachteile der Wärmedämmung mit Kalziumsilikatplatten sind die limitierte Wärmedämmungsleistung sowie der im Vergleich zu anderen Dämmstoffen hohe Preis.
Was sind Wärmedämmungsverbundsysteme?
Wärmedämmungsverbundsysteme (WDVS) sind Systeme für Wandkonstruktionen, die aus aufeinander abgestimmten Baustoffen bestehen. Der jeweilige Dämmstoff bildet die Basis des Systems – bei der Verwendung von Kalziumsilikatplatten zur Innendämmung von Außenwänden müssen alle anderen Komponenten (Beschichtungen, Kleber, Tiefengrund, Kalkglätte, Innenputz, Anstrich) also so gewählt werden, dass der diffusionsoffene Charakter der Dämmung möglichst vollständig erhalten bleibt.
Spezielle baurechtliche Anforderungen
WDVS werden durch das Deutsche Institut für Bautechnik geprüft und auf individueller Basis zugelassen – verbindliche herstellerübergreifende Normen existieren dafür nicht. Dämmstoffe, die in einem solchen System verwendet werden sollen, müssen im Hinblick auf ihr Brandverhalten und ihre sonstigen Materialeigenschaften hohe Anforderungen erfüllen. Aus baurechtlichen Gründen müssen alle Komponenten eines WDVS vom gleichen Hersteller stammen. Schon geringe Abweichungen von den Inhalten der Zulassung stellen aus juristischer Sicht einen Mangel dar – de facto wird in einem solchen Fall illegal gebaut. Die Systeme kommen unter anderem im Fertighausbau zum Einsatz. Ihre Montage erfordert Expertenwissen – für einen Eigenbau sind sie keinesfalls geeignet.
Wie werden Kalziumsilikatplatten verarbeitet?
Kalziumsilikatplatten können mit allen üblichen Holzwerkzeugen verarbeitet werden. Die Montage an massiven Wänden erfolgt durch Kleben oder Dübeln. Für Fachwerkbauten wird von Experten oft eine Befestigung mit Lehmmörtel empfohlen, um die Kapillarität der Dämmung und des Mörtels in vollem Maße auszuschöpfen.
Diffusionsoffener Innenausbau
Die Außenflächen der Dämmschicht können danach mit Kalk-Zement-Putzglätte gespachtelt oder mit einem mineralischen Putz versehen werden. Als Beschichtung werden gewöhnlich Silikatfarben empfohlen. Auch ein Tapezieren der gedämmten Innenwand ist selbstverständlich möglich. Wichtig ist, dass durch den Innenausbau sowie den Anstrich der diffusionsoffene Charakter der Wandkonstruktion erhalten bleibt, also keine luftdichten Verkleidungen oder Anstriche (beispielsweise mehrlagige Dispersionsfarben) zum Einsatz kommen.
Vermeiden von Hinterlüftung
Bei der Innendämmung von Außenwänden muss eine Hinterlüftung unbedingt vermieden werden. Wenn warme Luft aus dem Inneren des Gebäudes hinter die Dämmung gelangen kann, würde sie an den kalten Außenwänden kondensieren, was auf lange Sicht eine Durchfeuchtung der Gebäudehülle nach sich zieht. Wärmebrücken werden durch Dämmkeile oder andere geeignete Dämmmaßnahmen ausgeschaltet.
Verarbeitungsprobleme
Kalziumsilikatplatten sind sehr starr, bei unebenen Untergründen oder unsachgemäßer Handhabung besteht die Gefahr des Brechens. Säurekontakt der Platten muss absolut vermieden werden, da dieser ihre Auflösung nach sich ziehen würde.
Gesundheitliche Unbedenklichkeit und Arbeitsschutz
Kalziumsilikatplatten bestehen aus natürlichen Materialien, enthalten keine synthetischen Zusatzstoffe und sind gesundheitlich völlig unbedenklich. Beim Verarbeiten der Platten – beispielsweise beim Bohren oder Sägen kann es jedoch zu größeren Feinstaubbelastungen kommen. Die geltenden Arbeitsschutzvorschriften sind daher unbedingt einzuhalten. Empfehlenswert sind die Verwendung eines Atemschutzes und/oder das Absaugen des Staubes.