Wenn man ein Haus bauen möchte oder bereits besitzt stellt sich daher die Frage, ob eine Dachdämmung ohne Dampfbremse nach den neuen Standards überhaupt noch möglich ist. Die Antwort hängt von den verwendeten Dämmstoffen ab: Eine Dachdämmung ohne explizite Dampfbremse ist immer dann eine Option, wenn kapillaraktive Dämmstoffe verwendet werden, die in der Lage sind, den „Feuchtigkeitshaushalt“ des Daches eigenständig zu regulieren.
Dachdämmung ohne Dampfbremse – bisher kein allgemeiner Standard
Dass bei der Dachdämmung heute auf eine Dampfbremse nicht verzichtet werden kann, ist bautechnisch bedingt. Bei den belüfteten/hinterlüfteten Steildächern früherer Jahrzehnte wurde sie in der Regel durch eine wasser-, luft- und dampfdichte Bitumendachbahn über der Dachverschalung in die Konstruktion des Daches integriert. Durch die Hinterlüftungen auf der Außenseite und die gedämmte Innenseite wurden eingedrungene Feuchtigkeit oder Wasserdampf sicher nach außen transportiert. Eine innenliegende Dampfbremse war nur bei unzureichender Hinterlüftung und/oder als Voraussetzung für eine größere Trocknungsreserve erforderlich.
Heute gehört das unbelüftete Dach – auch aus energetischen Gründen – jedoch zum aktuellen Baustandard. Vor allem bei Sanierungen wird die Hinterlüftung der Außendeckung zwar beibehalten, bei Neubauten sind aber auch völlig unbelüftete Dachkonstruktionen üblich, so dass die volle Sparrenhöhe zur Dämmung genutzt werden kann. An die Stelle der früheren Bitumendeckbahn sind diffusionsoffene, winddichte Unterdeckbahnen getreten, die zwischen Innenverkleidung und Dämmung liegen, ein komplexes Feuchtigkeitsmanagement ermöglichen und die Hinterlüftung überflüssig machen. Die Implementierung einer Dampfbremse gehört hier also automatisch zum bautechnischen Standard. Wichtig ist bei solchen Dächern, dass die Anschlüsse von First, Traufe und Ortgang luftdicht ausgeführt werden.
Dampfbremse und Dampfsperre sind hier im Übrigen keine identischen Begriffe. Dachdämmungen mit einer hermetisch abschließenden Dampfsperre sind nicht nur schwer zu realisieren, sondern gelten heute auch als technisch überholt, da sie schon bei kleineren Ausführungsmängeln schwere Feuchteschäden nach sich ziehen können.
Kapillaraktive Dämmstoffe können eine explizite Dampfbremse ersetzen
Völlig entfallen kann eine Dampfbremse bei einer Dachdämmung auch heute nicht – anders sieht es mit einer Dampfbremse als einem gesonderten Bestandteil der Dämmung aus. Voraussetzung dafür sind kapillaraktive, feuchtigkeitsabsorbierende Dämmstoffe, die eine separate Dampfbremse ersetzen können. Die Luftdichtigkeit der Dämmschicht ist auch bei dieser Form der Dachdämmung ein wesentliches Thema und muss in diesem Fall durch die Innenverkleidung sichergestellt werden. Eine Dachdämmung ohne Dampfbremse kommt vor allem bei Sanierungen zum Einsatz. Geeignete Dämmmaterialien sind z.B. Mineraldämmplatten und Mineralschäume, aber auch Holz- oder Kalziumsilikatplatten.