In Österreich sind nur rund 20 Prozent der Grundstücksgrenzen exakt vermessen.
Während in Deutschland hauptsächlich von Grundbuch und Grundbuchamt die Rede ist, spricht man in Österreich beim Thema Grundstücksgrenzen vor allem vom sogenannten Grenzkataster. Dieser wurde noch zu Zeiten der Monarchie eingeführt, um die zu entrichtende Grundsteuer besser berechnen zu können. Nun sollte man aber wissen, dass in Österreich nur etwa 20 Prozent aller Grundstücksgrenzen exakt vermessen und im Grenzkataster hinterlegt sind. Kein Wunder also, dass sich dadurch zahlreiche Gelegenheiten für Auseinandersetzungen mit Nachbarn ergeben können.
Beim Neubau eines Eigenheims sollten Sie ein Grundstück möglichst sofort exakt vermessen lassen. Denn so stellen Sie zunächst sicher, dass beim Bau der Gebäude alle vorgeschriebenen Abstandsflächen korrekt eingehalten werden. Spätere Auseinandersetzungen um die Grundstücksgrenzen im Sinne einer sogenannten Grenzverhandlung können unnötig viel Geld und Nerven kosten. Im österreichischen Recht gibt es aber auch eine Besonderheit, die rechtzeitige Bemühungen um eine Feststellung des exakten Grenzverlaufs nahelegt:
Schließlich kann der durch einen falsch entlang der Grundstücksgrenze gesetzten Zaun genutzte Grund hier vom jeweiligen Nutzer nach 30 Jahren rechtsgültig „ersessen“ werden. Konkret heißt das: Wird beispielsweise ein bestimmter Teil eines Gartens 30 Jahre lang im Vertrauen auf eine korrekte Grenzziehung durch den Zaun genutzt und gepflegt, so geht dieser Grundstücksanteil in den Besitz der Nutznießer über. Vor so etwas sind Sie aber gefeit, wenn Ihr Grundstück durch eine Vermessung im Grenzkataster erfasst ist.
Ein Nachbar bemängelt einen falsch gezogenen Zaun – was tun?
Grundsätzlich kann es unterschiedliche Probleme rund um den genauen Verlauf eines Zauns in Bezug auf die Grundstücksgrenze vor Ort geben. Schließlich ist der Zaunverlauf in den verschiedenen Bundesländern und den Bebauungsplänen vor Ort mitunter unterschiedlich geregelt. Neben der Frage der Zuständigkeit für den rechten oder linken Zaun ist auch zu klären, ob ein Zaun überhaupt direkt auf der Grundstücksgrenze oder nur entlang dieser errichtet werden darf. Am schnellsten lässt sich dies allerdings über das örtlich zuständige Bauamt in Erfahrung bringen.
Wird nun von einem Nachbarn ein falscher Zaunverlauf behauptet, sollten folgende Punkte überprüft werden:
- wer den Zaun ursprünglich errichtet hat
- wo genau die tatsächliche Grundstücksgrenze verläuft
- wie groß die Abweichung zwischen Zaun- und Grenzverlauf ist
- wann der Zaun errichtet wurde
Wurde der betroffene Zaunabschnitt beispielsweise bereits vor etwa 20 Jahren errichtet, gibt es in Deutschland zwar kein Ersitzungsrecht durch den Nachbarn. Der Beseitigungsanspruch des vom falschen Zaunverlauf „geschädigten“ Nachbarn kann aber nach Ablauf von drei Jahren verjährt sein, wenn diesem der falsche Zaunverlauf schon so lange bekannt war und er diesen erst mehr als drei Jahre später geltend machen will. Bei geringfügigen Abweichungen vom tatsächlichen Grenzverlauf sollte ohnehin stets nach einer einvernehmlichen und möglichst kostengünstigen Lösung gesucht werden.
Im Zweifelsfall: Grundstücke neu vermessen lassen
Kommt es entlang einer strittigen Grundstücksgrenze zu Streitigkeiten zwischen Nachbarn, bleibt letztlich oft nur die Beauftragung einer Überprüfung durch die zuständige Vermessungsbehörde. Die Kosten der Vermessung sind in der Regel von den Streitparteien je zur Hälfte zu tragen.
Allerdings kann eine solche Vermessung (neben den immensen Kosten) im Einzelfall durchaus weitere Probleme mit sich bringen. Werden dabei grobe Abweichungen festgestellt, ergeben sich daraus mitunter Verletzungen baurechtlicher Vorschriften. Von Seiten der Behörden kann dies dann dazu führen, dass z.B. ein unterschrittener Mindestabstand bemängelt wird und damit möglicherweise weitere Kosten entstehen.
Die beste Lösung für einen falsch gesetzten Zaun kann letztlich darin bestehen, die fraglichen Grundstücksanteile jenseits des Zauns für einen angemessenen Preis vom Nachbarn zu erwerben bzw. an diesen zu veräußern.
Achtung: Finger weg von offiziellen Grenzsteinen
Im Rahmen einer offiziellen Vermessung durch das Vermessungsamt werden die Eckpunkte von Grundstücken in der Regel durch vergrabene Grenzsteine markiert. Die gerade Linie zwischen zwei solchen Steinen markiert stets den Grenzverlauf zwischen benachbarten Grundstücken. Wenn Sie einen solchen Grenzstein absichtlich versetzen oder dies versuchen, machen Sie sich strafbar.
Außerdem wäre es ohnehin wenig sinnvoll, Grenzsteine unbemerkt zu versetzen. Auf diese Weise verschobene Grenzverläufe lassen sich bei einer späteren Vermessung immer sehr schnell als Abweichung identifizieren.