Viele Bundesländer ändern die Nachbarrechte
Natürlich gilt generell, dass eine Überbauung des Nachbargrundstücks nicht zulässig ist und das Eigentumsrecht des Nachbarn verletzt. In der Praxis kommt es zu Schwierigkeiten, wenn ein Gebäude nach den strengen Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes gedämmt werden soll und muss. Fassadendämmungen können einige Dicke erreichen, die bei grenznaher Bebauung über die Grundstücksgrenze ragen können.
Mehr und mehr Bundesländer, Kommunen und Städte modifizieren ihre Nachbarrechte, um in Ausnahmefällen diese Art von Überbauung im eingeschränkten Maße zu erlauben. Der Nachbar muss in diesen Fällen die Überbauung dulden. Die Regeln zielen auf Bestandsgebäude ab. Folgende Regelungen und Voraussetzungen werden im Einzelnen als Ausnahmen ausgeführt:
- Die Überbauung darf den Nachbarn nur unwesentlich (bis 25 Zentimeter Überstand) beeinträchtigen
- Wenn dünnere Dämmstoffalternative mit gleicher Effektivität möglich sind, müssen sie vorgezogen werden
- Eine Innendämmung ist nicht zumutbar, weil sie erheblichen Verlust von Wohnraum verursacht
- Der Nachbar, der vom überbauten Raum betroffen ist, kann einen finanziellen Ausgleich in Höhe des Bodenwerts der überbauten Fläche verlangen
- Bei Neubauten muss der Abstand der Grenzbebauung die erforderliche Wärmedämmung berücksichtigen
- Die Dämmung muss lediglich den im Gebäudeenergiegesetz festgelegten Dämmwerten genügen. Bei „Übererfüllung“ durch erhöhte Dicke kann der Nachbar widersprechen
Es gibt Interpretationsspielräume, die sich beispielsweise auf unwesentliche oder wesentliche Beeinträchtigungen und auf die Zumutbarkeit einer Innendämmung beziehen. Im Zweifelsfall sollte ein Gutachter hinzugezogen werden.
Überbauung finanziell ausgleichen oder per Duldung ohne Zahlung zugestehen
Als finanzieller Ausgleich für die Überbauung kommen folgende Lösungen infrage:
1. Eine kontinuierliche Überbaurente
2. Eine einmalige Ausgleichszahlung
3. Ein schriftliches Einverständnis ohne Zahlung
Wichtig ist, den Sachumstand und Vorgang ins Grundbuch eintragen zu lassen, um auch bei Bewohnerwechsel justiziabel zu bleiben.