Die Sonderrolle der Bäume
Gegenüber fast aller anderen Pflanzen genießen Bäume eine herausragende Rolle im doppelten Wortsinn. Sie überragen alle anderen Gewächse und erlangen nach einigen Jahren einen Schutzstatus, der den meisten anderen botanischen Mitbewohnern verwehrt bleibt. Genießen sie Bestandsschutz, stellt das Fällen oder Beschädigen der Bäme zumindest eine Ordnungswidrigkeit dar.
Wird ein Baum neu gepflanzt oder gesetzt, legen die Nachbarrechtsgesetze der Bundesländer die erforderlichen Mindestabstände zur Grundstücksgrenze fest. Diese sind abhängig von der Baumart und der Wuchshöhe. Steht ein Baum zu nah an der Grundstücksgrenze, kann der Nachbar eine Versetzung oder Beseitigung verlangen.
Wann der Bestandsschutz einsetzt
Vom Zeitpunkt der Pflanzung bis zum Ende des fünften Wuchsjahres gilt der Baum als Jungbaum. Mit Beginn des sechsten Jahres ist er „erwachsen“, was automatisch zu Bestandsschutz führt. Dies gilt für alle Laub- und Nadelbäume, also auch für Tannen an der Grundstücksgrenze.
Da die Bäume in den meisten Fällen als Setzlinge mit einer Höhe zwischen 15 und 80 Zentimetern gepflanzt werden, sind sie bereits vor Erreichen des Bestandsschutzes für den Nachbarn sichtbar. Je nach örtlich geltender Abstandsregelung darf der Baum an Höhe gewinnen und wird bei höherem Wuchs entsprechend durch Stutzen gepflegt. Der Nachbar kann die Beseitigung des Baumes verlangen, wenn der vorgeschriebene Abstand unterschritten wurde und der Baum durch starken Überwuchs das Nachbargrundstück beeinträchtigt.
Was sich durch eintretenden Bestandsschutz ändert
Mit Beginn des sechsten Wuchsjahres sinken die Chancen des Nachbarn, den zu nahe an seiner Grundstücksgrenze wachsenden Baum „loszuwerden“. Der Bestandsschutz wirkt sich auch auf das Beschneiden und Stutzen aus. Die Frage, wie weit ein Baum über die Grundstücksgrenze wachsen darf, wird in rechtlichen Konflikten überwiegend zugunsten des Baumes entschieden. Der zu geringe Abstand tritt in den Hintergrund.
Den geschützten Bäumen werden folgende Funktionen zugeschrieben:
- Sie erhöhen den Erholungswert ihrer Umgebung.
- Sie schützen vor Witterungseinflüssen
- Sie wandeln Kohlenstoffdioxid zu Sauerstoff um (Photosynthese)
- Sie bieten Vögeln und anderen Kleintieren Lebens- und Nistraum
- Sie liefern Vögeln und anderen Tieren Nahrung
- halten und stabilisieren den Grundwasserspiegel
Nachbarschaftsrecht versus Baumschutzverordnung
Als zweite wesentliche Rechtsinstanz für Bäume gibt es in vielen (nicht in allen) Gemeinden und Städten Baumschutzverordnungen. Hier wird vor allem alter Baumbestand an der Grundstücksgrenze zusätzlich geschützt. Darüber hinaus sind die Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes zu beachten. Um einen Baum mit Bestandsschutz an der Grundstücksgrenze fällen zu dürfen, reicht ein falscher Abstand als Grund nicht aus.