Was ist Einsatzstahl?
Einsatzstahl ist eine spezielle Art von Baustahl, die sich durch ihre Eignung für das Einsatzhärten auszeichnet. Charakteristisch für Einsatzstähle ist ihr niedriger Kohlenstoffgehalt, der typischerweise zwischen 0,10 % und 0,20 % liegt. Diese Eigenschaft ermöglicht, die Randschichten gezielt mit Kohlenstoff anzureichern, um durch anschließende Wärmebehandlungsprozesse eine hohe Oberflächenhärte zu erreichen. Gleichzeitig bleibt das Kernmaterial zäh, was dem Stahl eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Belastungen verleiht.
Einsatzstahl wird sowohl unlegiert als auch niedriglegiert hergestellt und zählt aufgrund seiner Zusammensetzung zu den allgemeinen Baustählen. Der Hauptvorteil des Materials liegt in seiner Fähigkeit, nach dem Einsatzhärten eine harte, verschleißfeste Außenschicht und einen zähen Kern zu besitzen. Diese Kombination wird besonders geschätzt in Anwendungen, die sowohl eine hohe Oberflächenhärte als auch eine gute Schlag- und Stoßfestigkeit erfordern. Beliebte Einsatzgebiete sind unter anderem der Maschinenbau und die Automobilindustrie, wo Bauteile wie Zahnräder, Kurbelwellen und Bolzen hergestellt werden.
Das Verfahren des Einsatzhärtens
Das Einsatzhärten ist ein thermochemisches Verfahren, das die Robustheit und Lebensdauer von Stahlbauteilen erheblich erhöht und sich in drei grundlegende Phasen gliedert: Aufkohlen, Härten und Anlassen.
- Aufkohlen: Das Stahlwerkstück wird in einer kohlenstoffreichen Umgebung bei Temperaturen von 880°C bis 1050°C erhitzt. Diese Umgebung kann fest, flüssig oder gasförmig sein. Der Kohlenstoff diffundiert in die äußerste Schicht des Stahls und erhöht dort den Kohlenstoffgehalt, was die Grundlage für die spätere Härtung bildet.
- Härtebehandlung: Das Werkstück wird auf werkstoffspezifische Härtetemperaturen gebracht oder direkt von der Einsatztemperatur abgeschreckt. Beim schnellen Abkühlen, häufig durch Eintauchen in ein Abschreckmedium, entsteht eine harte und verschleißfeste Randschicht, während der Kern zäh und flexibel bleibt.
- Anlassen: Der gehärtete Stahl wird kontrolliert erneut erwärmt, jedoch bei niedrigeren Temperaturen. Dieser Prozess dient dazu, Spannungen abzubauen, die Schleifrissempfindlichkeit zu verringern und das Gleichgewicht zwischen Härte und Zähigkeit zu optimieren.
Diese Schritte machen den Stahl widerstandsfähiger gegen mechanische Belastungen und Verschleiß, was ihn ideal für stark beanspruchte Bauteile wie Zahnräder, Bolzen oder Wellen macht.
Eigenschaften von Einsatzstahl
Einsatzstahl zeichnet sich durch eine optimale Kombination von Härte und Zähigkeit aus. Durch den speziellen Wärmebehandlungsprozess erhält die äußere Schicht eine erhöhte Härte, während der Kern zäh bleibt. Dies macht den Stahl widerstandsfähig gegen mechanische Belastungen und Verschleiß. Der Kohlenstoffgehalt der Randschicht wird durch das Aufkohlen auf etwa 0,8 % erhöht, während der Kern des Stahls seinen niedrigen Kohlenstoffgehalt von maximal 0,2 % beibehält. Diese Struktur verleiht dem Stahl eine hervorragende Verschleißfestigkeit und reduziert die Gefahr von Oberflächenbeschädigungen.
Einsatzstähle sind bekannt für ihre dauerhafte Belastbarkeit, insbesondere bei Bauteilen, die Schwingungen und Stoßbeanspruchungen ausgesetzt sind. Trotz ihrer Härte bleibt die Zähigkeit des Kerns erhalten. Dies ist besonders in der Automobilindustrie und im Maschinenbau von großer Bedeutung.
Es ist jedoch zu beachten, dass Einsatzstahl nach dem Einsatzhärten in der Regel nicht mehr schweißbar ist. Bearbeitungen wie Schleifen, Polieren oder Erodieren sind jedoch weiterhin möglich.
Anwendungen von Einsatzstahl
Einsatzstahl wird in einer Vielzahl von industriellen Bereichen eingesetzt. Besonders im Maschinenbau, in der Automobilindustrie sowie in der Bau- und Konstruktionsbranche ist dieser Stahltyp unverzichtbar.
- Maschinenbau: Kurbelwellen, Lager, Wellen und präzise Zahnräder profitieren von der hohen Verschleißfestigkeit und Zähigkeit, die Einsatzstahl bietet.
- Automobilindustrie: Motoren- und Getriebeteile sowie Achsen und Gelenkwellen, die hohen Kräften und ständigen Bewegungen standhalten müssen, werden aus Einsatzstahl gefertigt.
- Werkzeugbau: Einsatzstahl eignet sich hervorragend für die Produktion von Bohrern, Fräsern, Schneid- und Presswerkzeugen, die extrem verschleißfest sein müssen.
- Bau- und Konstruktionsindustrie: Bei Baumaschinen oder Trägermaterialien für Brücken und Gebäude wird aufgrund der nötigen Stabilität auf Einsatzstahl zurückgegriffen.
- Energietechnik: Bauteile von Turbinen, Generatoren und Windkraftanlagen profitieren von den robusten mechanischen Eigenschaften des Einsatzstahls.
Bearbeitung von Einsatzstahl
Die Bearbeitung von Einsatzstahl erfolgt am effizientesten vor dem Härten im weichen Zustand. Spanende Verfahren wie Drehen, Fräsen oder Bohren sind im weichen Zustand besonders vorteilhaft, da der geringere Kohlenstoffgehalt für eine geringe Zerspanungs- und Werkzeugbelastung sorgt. Hartmetalle und Schnellarbeitsstahl sind hierbei häufig eingesetzte Schneidstoffe.
Nach der Härtung stehen Verfahren zur Verfügung, die die gehärtete Oberfläche präzise bearbeiten, ohne die Härte zu reduzieren, wie Schleifen zur Verfeinerung der Oberflächenqualität, Erodieren zur Bearbeitung komplexer Formen und Polieren für eine glatte und glänzende Oberfläche. Es ist wichtig zu beachten, dass Schweißarbeiten stets vor dem Einsatzhärten durchgeführt werden müssen.
Normen und Spezifikationen
Einsatzstähle unterliegen strengen Normen und Spezifikationen, die chemische Zusammensetzung, mechanische Eigenschaften und Prüfverfahren definieren. Zu den wichtigsten Normen gehören:
- DIN EN ISO 683-3: Diese Norm setzt Maßstäbe für legierte und unlegierte Wärmebehandlungsstähle einschließlich Einsatzstähle und gibt umfassende Vorgaben für die Wärmebehandlung und die zu erzielenden Eigenschaften.
- DIN EN 10132-2: Diese Norm behandelt Kaltband aus unlegierten und legierten Stählen mit Anforderungen an Oberflächengüte und Maßtoleranzen.
Diese standardisierten Vorgaben gewährleisten, dass Einsatzstähle konsistent hohe Qualitätsanforderungen erfüllen.
Chemische Zusammensetzung verschiedener Einsatzstähle
Einsatzstähle zeichnen sich durch spezifische chemische Zusammensetzungen aus, die ihre Eigenschaften maßgeblich beeinflussen.
Unlegierte Stähle wie C10 und C15:
- Kohlenstoff: C10 enthält etwa 0,07-0,13 %, C15 0,12-0,18 %.
- Silizium und Mangan: bis zu 0,40 % Si, 0,30-0,60 % Mn.
- Phosphor und Schwefel: Beide unter 0,03 %.
Legierte Stähle wie 16MnCr5 und 20MnCr5:
- Kohlenstoff: 16MnCr5 enthält 0,14-0,19 %, 20MnCr5 hat 0,17-0,22 %.
- Silizium: bis zu 0,40 %.
- Mangan: 16MnCr5 hat 1,00-1,30 %, 20MnCr5 1,10-1,40 %.
- Chrom: 16MnCr5 enthält 0,80-1,10 %, 20MnCr5 1,00-1,30 %.
- Phosphor und Schwefel: Unter 0,03 %.
Zusätzlich können je nach spezifischen Anforderungen und Normen andere Elemente wie Nickel, Molybdän oder Bor in geringen Anteilen vorhanden sein.
Werkstoffnummern und Vergleichsgüten
Einsatzstähle werden anhand von Werkstoffnummern präzise zugeordnet. Diese Nummerierung erfolgt nach einem etablierten System:
Beispiele für Werkstoffnummern:
- C10: 1.1121
- C15: 1.1141
- 16MnCr5: 1.7131
- 20MnCr5: 1.7147
Merkmale bestimmter Werkstoffgruppen
Unlegierte Einsatzstähle:
- C10 und C15: Diese zeichnen sich durch niedrigen Kohlenstoffgehalt und moderate mechanische Eigenschaften aus und eignen sich für allgemeine Einsatzbereiche.
Legierte Einsatzstähle:
- 16MnCr5 und 20MnCr5: Enthalten legierende Elemente wie Mangan und Chrom, die deren Härte und Verschleißfestigkeit verbessern.
Die präzise Identifikation durch Werkstoffnummern und Vergleichsgüten ermöglicht eine zuverlässige Auswahl und Austauschbarkeit innerhalb verschiedenster Anwendungen.
Abmessungen und Lieferformen
Einsatzstähle sind in vielfältigen Abmessungen und Lieferformen erhältlich. Typische Lieferformen umfassen:
- Warmband: Flachgewalzter Stahl, geeignet für Anwendungen mit gleichmäßiger Dicke und Breite.
- Flachmaterial: Verschiedene Breiten und Dicken für spezifische Bauanforderungen.
- Stäbe: Runde oder quadratische Querschnitte, flexibel für diverse Maschinenteile.
Die Dicken und Breiten der Einsatzstähle variieren, wobei für jeden Bedarf passende Materialien verfügbar sind, etwa im Maschinenbau oder der Automobilindustrie.